Neue Games-Plattform: Das Ende der Spielekonsolen

Ein neuer Internetdienst soll den Markt für Videospiele umkrempeln: Statt teure Konsolen und Datenträger kaufen zu müssen, erhält der Kunde alle Games live aus dem Netz.

Derzeit noch Zockers Liebling: Sonys PlayStation 3. Bild: dpa

Wenn es nach der jungen Firma Onlive geht, werden Xbox 360, Wii und Sony PS3 bald ebenso unnötig für Zocker wie technisch hochgezüchtete PCs. Statt Spiele auf Datenträgern zu erhalten, sollen Games nur noch per Internet gespielt werden. Allerdings nicht etwa durch zu Softwaredownloads: Mit einem speziellem Übertragungsverfahren überträgt Onlive Spieleraktionen auf einen entfernten Rechner in einer "Cloud" - und liefert im Gegenzug das Live-Bild des gewünschten Spieles. In der Praxis soll sich das anfühlen, als spiele man ein Game "richtig" auf der eigenen Technik.

Dank verteilter Rechenzentren auf der ganzen Welt und einem ausgefeilten Kompressionsalgorithmus sollen auch die neuesten Spiele mit höchster PC-Grafikqualität spielen zu können - selbst auf noch so lahmen Endgeräten. Sogar Smartphones sollen in einigen Monaten unterstützt werden, nur ein kleines Browser-Plugin wird dafür benötigt.

Onlive arbeitet mit speziellen Servern in großen Dataparks, die die beim Spielen erzeuge Last optimal verteilen sollen. Die Details dieses Verfahrens will sich das Unternehmen patentieren lassen, um konkurrierende Angebote, die bereits in den Startlöchern stehen, zu schlagen.

Mit einer so genannten Microconsole lässt sich Onlive auch direkt auf den Großbildfernseher holen. Das Kästchen mit Internet-Anschliss ist nicht viel mehr als ein Abspielgerät für die Game-Bilder aus dem Netz - inklusive einem konsolenartigen Steuerpad für den Input des Spielers. Vermutlich noch im Sommer soll diese auf den Markt kommen.

Damit die Idee wirklich funktioniert, müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: So darf ein Onlive-Rechenzentrum nicht zu weit vom Spieler entfernt stehen, damit die Signalverzögerung nicht zu groß wird und die Bilder rechtzeitig ankommen. Zudem muss die Netzgeschwindigkeit bei konstant mindestens 1,5 Megabit pro Sekunde liegen, wer hochauflösende Bilder (HD) haben will, braucht 5 Megabit.

Vergangene Woche ging Onlive ans Netz, doch der Start verlief nicht ganz reibungslos: Weniger Startnutzer wurden auf die Plattform gelassen, als vorgesehen - und die mussten dann auch noch mit recht teuren Preisen Vorlieb nehmen. So kostete einer der angebotenen Top-Titel online gar mehr als in physikalischer Form im Laden. Doch man muss Spiele bei Onlive nicht kaufen - die meisten Spieler dürften mieten. Hier werden beispielsweise neun Dollar für fünf Tage fällig, drei Tage kosten sechs. Dazu addiert sich dann eine eventuelle Onlive-Abogebühr (im ersten Jahr kostenlos, später 5 Dollar im Monat) und das Mieten oder der Kauf der Spiele.

Nicht unproblematisch sind die Lizenzbedingungen der Firma. So kann es nach aktueller AGB sein, dass man die Rechte an den gekauften Spielen nach drei Jahren verliert, zudem droht ein Verfallen die Spielbestandes und der persönlichen Daten, sollte man sich mal ein Jahr lang nicht auf der Plattform tummeln.

Die Idee der Onlive-Technik wird von Spielefirmen grundsätzlich positiv aufgenommen: Sie profitieren durch regelmäßige Mieteinnahmen und Abogebühren, müssen sich nicht mehr um den Vertrieb physikalischer Güter kümmern. Allerdings arbeiten Branchengrößen bereits selbst an Internetideen: So bietet die Plattform Steam des Herstellers Valve schon heute zahllose Spiele, die allerdings per Download auf den Rechner kommen und nicht "live" gezockt werden können. Und auch die Konsolenhersteller puschen Internet-Angebote: Sony, Microsoft und Nintendo bieten herunterladbare Games aus dem Netz, die bislang allerdings den guten alten optischen Datenträger nicht ersetzt haben.

Wann Onlive nach Deutschland kommt, ist derzeit noch unklar. Die erste Europaausgabe soll in England starten - vermutlich Ende des Jahres. Außerdem hat die Firma eine Partnerschaft mit Belgacom für Luxemburg und Belgien in Planung.

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