: Gutes Fleisch hat seinen Preis
Nicht nur fehlende Kontrollen sind Schuld am Fleischskandal, glauben Verbraucherschützer. Kunden sollten die Herkunft von Lebensmitteln hinterfragen und für Qualität einen höheren Preis zahlen
VON GESA SCHÖLGENS
Um neuen Fleischskandalen vorzubeugen, will Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) die Lebensmittel-Überwachung in Nordrhein-Westfalen verschärfen und Kontrollen beschleunigen. Verbraucherschützer sehen darin keine Lösung: Sie fordern einheitliche Qualitätssiegel und mehr Transparenz bei der Herkunft von Lebensmitteln. Auch die KundInnen müssten ihr Konsumverhalten ändern.
„Verbraucher geben immer weniger Geld für Lebensmittel aus“, sagt Ralf Bilke, Agrarreferent beim Bund für Umwelt und Naturschutz NRW (BUND). Beim Einkauf zähle nur, dass die Ware möglichst billig ist. Zwar bedeute ein niedriger Fleischpreis nicht zwangsläufig weniger Qualität, so die Verbraucherzentrale NRW. Häufig schnitten Billigdiscounter mit No-Name-Produkten ebenso gut ab wie Markenwaren. In punkto Herkunfts-Transparenz, Tierhaltung und der Länge der Transportwege spiele der Preis aber auf jeden Fall eine Rolle, sagt Bilke. „Für Produkte aus Hof- oder Naturkostläden muss man bereit sein, ein paar Euro mehr zu bezahlen“.
Die Anonymität des Marktes macht es dem Verbraucher so gut wie unmöglich, die Herkunft von Fleisch- und Wurstwaren zu ergründen. Die Gewinnspanne ist gering, deshalb wollen die Hersteller möglichst günstig einkaufen. „Einmal bekommen sie Fleisch aus Bayern, ein andermal aus den Niederlanden“, sagt Sabine Klein von der Verbraucherzentrale NRW. Der Preisdruck beginnt schon bei der Massentierhaltung und setzt sich über die billigstmögliche Verarbeitung auf großen Schlachthöfen fort. In der Produktion werden Lieferchargen gebildet und Fleisch unterschiedlicher Herkunft vermengt. So kommt es, dass eine Bratwurst Fleisch von unterschiedlichen Lieferanten enthalten kann. „Das steht dann aber nicht mehr auf der Wurst drauf“, so Klein. Schließlich wisse keiner mehr, woher das Fleisch kommt – „auch der Produzent verliert jeglichen Bezug zum Kunden“, so Bilke. Das Preisdumping lade darüber hinaus zu „kriminellen Handlungen“ ein.
Für Kontrollen sind in erster Linie die Unternehmen selbst verantwortlich. Bislang ist ihr finanzielles Risiko bei Verstößen gering. Verbraucherschützer sprechen sich deswegen dafür aus, die bisherigen Sanktionen zu verschärfen. Zudem sollen wie in Niedersachsen Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften gebildet werden, die sich nur mit dem komplexen Lebensmittelrecht beschäftigen.
Der BUND hält mehr Kontrollen zwar an sich für gut. „Uhlenbergs Forderung ist aber inkonsequent, denn es sind die Kommunen, die die Betriebe überwachen müssen“, sagt Bilke. Den örtlichen Behörden fehle es jedoch an Geld.
Es bleibt die Frage, wie sich die Verbraucher schützen können. „Verlassen Sie sich auf ihre Sinne“, meint Klein. KundInnen sollten Farbe, Oberfläche und Geruch des Frischfleisches genau prüfen. So könne man viele Mängel ausschließen. Im Laden sollten KäuferInnen immer wieder fragen, woher das Fleisch stammt. „So übt man Druck auf die Handelsunternehmen aus“.
Bei weiterverarbeiteten und verpackten Lebensmitteln könne jedoch keine Verkäuferin mehr sagen, woher die Zutaten stammen, sagt Matthias Wolfschmidt, stellvertretender Geschäftsführer der Verbraucher-Initiative „Foodwatch“. „Deswegen fordern wir seit langem verbindliche Regeln für Qualitätssiegel bei Lebensmitteln“. Natürlich wollten alle möglichst billig einkaufen. Doch wesentliche Verbesserungen der gesamten Produktionskette einschließlich Lagerung und Handel würden Fleisch lediglich um zehn bis 15 Prozent verteuern, glaubt Wolfschmidt. „Hier ist auch die Politik gefragt, die sich gegen die Fleisch-Lobby durchsetzen muss“.
Der Kauf von Bio-Lebensmitteln könnte eine Lösung sein – vorausgesetzt, sie stammen direkt aus der Region. Von einem echten Umdenken der Verbraucher sei leider noch nicht viel zu spüren. „Bei jedem Skandal gibt es erstmal einen Öko-Boom, und kurze Zeit später kaufen die Leute wieder ganz normal ein“, sagt Bernhard Rohl vom Aachener Verein „Klatschmohn“ für ökologische Ernährung.