Besiedlung: Kultiviertes Armenhaus

Die neue Ausstellungshalle des Emsland Moormuseums wurde um den Ottomeyer Dampfpflug herum gebaut, das Symbol des "Emslandplans".

Monströs: Der Kipp-Pflug "Mammut" diente zur Kultivierung von Hochmoorböden. Um ihn herum ist die neue Ausstellungshalle gebaut. Bild: Museum

Es war einst das "Armenhaus Deutschlands": das Bourtanger Moor im deutsch-niederländischen Grenzgebiet zu beiden Seiten der Ems, mit seinerzeit 1.200 Quadratkilometern das größte zusammenhängende Hochmoor Europas. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges beschloss die deutsche Regierung 1950 den "Emslandplan", um das Gebiet urbar zu machen. Das Emsland Moormuseum erzählt in seiner neu eröffneten Dauerausstellungshalle, wie das vor sich ging.

Herzstück der Ausstellung ist der Ottomeyer-Dampfpflug, ein Tiefpflug vom Typ "Mammut", und zwei der einst vier Lokomobile, mit denen er angetrieben wurde. Mit seinem Gewicht von mehr als 30 Tonnen und einer Höhe von acht Metern sieht der Pflug aus wie ein Dinosaurier. Die Firma Ottomeyer in Bad Pyrmont hatte das Gerät, das sich bis zu 2,15 Meter tief in die Erde graben konnte, 1950 eigens zur Moorkultivierung hergestellt.

Moore existieren in regenreichen Gegenden mit hoher Luftfeuchtigkeit. Der ständige Wasserüberschuss aus Niederschlägen oder Mineralbodenwasser bedingt einen Sauerstoffmangel, der zu einem unvollständigen Abbau pflanzlicher Reste führt. Diese lagern sich als Torf ab, und zwar in mehreren Schichten.

Torfarten: Schwarztorf ist die unterste Schicht des Moors, in der die Zersetzung am weitesten fortgeschritten ist. Darüber liegt Braun- oder Bunttorf. Den Abschluss bildet der helle Weißtorf. In ihm kann man noch deutlich Strukturen der Pflanzen erkennen.

Moortypen: Hochmoore sind regenwasserernährt und nährstoffarm. Dort wächst vor allem Torfmoosrasen. Niedermoore sind Versumpfungs-, Quell- oder Überflutungsmoore in Flussniederungen und in Küstennähe. Dort wachsen Erlenbruchwälder und Röhrichte.

Staatlicher Moorschutz: Systematische Moorentwicklungskonzepte gibt es bislang nur in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen, wo 1981, 1986 und 1994 jeweils neue Moorschutzprogramme aufgelegt wurden.

Das niedersächsische Moorentwicklungskonzept soll 2010 erneut geprüft werden. In Schleswig-Holstein wurde 2002 ein Niedermoorprogramm verabschiedet. 2011 soll ein Hochmoorkonzept hinzukommen.

Das Moor in der Literatur: Sowohl Annette Droste-Hülshoff ("Der Knabe im Moor") als auch Christian Morgenstern ("Am Moor") haben diese Landschaft beschworen. Und Klaus Johann Groth hat "Dat Moor" auf Niederdeutsch besungen.

Die neue Ausstellungshalle des Moormuseums wurde quasi um diesen "Mammut"-Pflug herum gebaut. Eine aufwändige Bodenkonstruktion aus Beton und Stahl trägt die Last. Fotowände mit historischen Aufnahmen erzählen die Geschichte der Emslanderschließung samt Moorbesiedlung, für die es politisch drei Gründe gab: Die aus dem Osten kommenden Flüchtlingsströme, die Angst vor niederländischen Annexionsplänen und Erdölfunde, die bereits seit 1942 ausgebeutet wurden.

Sehr plastisch erklärt die Ausstellung, wie das einst gefürchtete Moor schrittweise zu einem Siedlungsraum wurde. An Interview-Stationen berichten Zeitzeugen von den Mühen ihrer Existenzgründung im Moor. Das ist Vergangenheit: 1971 hatte der "Mammut"-Pflug ausgedient, für den modernen Torfabbau verwendete man kleinere Geräte. "Inzwischen verschwinden die großen Maschinen komplett aus dem Moor", sagt Ansgar Becker, wissenschaftlicher Mitarbeiter und stellvertretender Leiter des Moormuseums. Für die Bewirtschaftung reichten Traktoren inzwischen aus. Im Vordergrund stehe heutzutage sowieso nicht mehr die Torfindustrie, sondern die Renaturierung.

Drei Fenster geben den Blick aus dem Museum in das Umland frei. Dort, wo sich Arbeiter jahrzehntelang plagen mussten, erobert die Natur ihr Terrain zurück. 2006 wurde das Gebiet zum "Internationalen Naturpark Bourtanger Moor-Bargerveen" erklärt. Nicht mehr harte Maloche zählt, sondern nachhaltiger Tourismus in einer ökologisch wertvollen Umgebung. Auf einem gut erschlossenen Netz aus Fahrradwegen können die ehemaligen Abtorfungsflächen abgefahren werden.

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