HAMBURGER SZENE VON REBECCA CLARE SANGER : Aufgeben oder aufheben
Alle Hundebesitzer, die ich kenne, räumen hinter ihren Hunden die Scheiße weg. Alle Hundebesitzer, die ich nicht kenne, tun dies nicht und die Zahl der verschmierten, zertrampelten, versteckten, offensichtlichen und breiigen Haufen erklärt mir: es gibt mehr Hundebesitzer, die ich nicht kenne, als die, die ich kenne. In meiner Fantasie verlieren deren Persönlichkeiten Kontur, werden breiig wie ihre unterlassenen Taten.
Ich gewöhne mir an, in der Mitte unbefahrener Straßen zu gehen, damit mein Hund in nichts reintritt. Traue mich nicht auf Hundewiesen, verrammelt mit Kot und Urin. Des Nachts gehen wir auf den Spielplatz: ich mit Tütchen gewappnet, mein Hund mit der typischen Freude über ein unbeschriebenes Blatt. Er buddelt und rennt, schlägt Haken und sucht die Ratten und Mäuse der Großstadt.
Eine Balkontür öffnet sich; der stumme Mann der uns mustert will nicht wissen, dass ich Tüten auf Tasch’ und den Hund im Blick hab’, dreht sich um und geht hinein, bevor ich auch nur guten Abend gewünscht habe – zu oft kann ich hier nicht her.
Heute biegt ein dünnes Mädchen mit Handy am Ohr und Hund ohne Leine auf den Platz. Die umgebenden Häuser tragen ihre Handyworte an mein Ohr: „Ja, ich bin gerade auf dem Spielplatz, nochmal mit dem Hund raus, kacken.“ Und sie kommt auf mich zu, und ich rieche von der anderen Seite des Platzes – sie waren erfolgreich. Und ich höre unsere Hündinnen sich streiten.