Streit der Woche: Müssen wir uns vom Auto verabschieden?

Trotz Klimawandels und Ressourcenschwunds: Die Deutschen kaufen wieder mehr PS-starken Fahrzeuge. Künftig wird es wohl auch mehr Zweitwägen geben. Aber ist das Auto überhaupt noch zukunftsfähig?

Abschied kann schwer fallen: Auto weg und nichts gemerkt. Bild: suze / photocase

Die Begeisterung der Deutschen für ihre Autos ist ungebrochen. Anfang 2010 waren über 50 Millionen Kraftfahrzeuge gemeldet, jedes Jahr werden rund vier Millionen neue registriert. Nachdem im vergangenen Jahr – der Abwrackprämie sei dank – mehr kleine, spritsparende Autos verkauft und zugelassen wurden, nimmt der Absatz von PS-starken Fahrzeugen wieder zu. Besonders Sport- und Geländewagen verkauften sich in den ersten Monaten diesen Jahres bis zu 50 Prozent häufiger als noch im Vorjahreszeitraum.

Und viele reicht ein Auto nicht. Rund ein Fünftel aller deutschen Haushalte besitzen einen Zweitwagen. Wie Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) am Dienstag im Gespräch mit der Rheinischen Post bestätigte, wird es ab 2011 zudem das so genannte Wechselkennzeichen geben. Ein Kennzeichen für alle eigenen Autos. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums soll die Maßnahme zum Umweltschutz beitragen, da Anreize für die Anschaffung umweltschonender Elektroautos geschaffen werden sollen. Laut Umfrage vom Online-Fahrzeugmarkt mobile.de können sich 30 Prozent der Bürger vorstellen, einen Zweitwagen zu kaufen, würde das Wechselkennzeichen eingeführt.

Eigentlich ist das Ziel ausgegeben, den CO2-Ausstoß massiv zu senken. Die deutschen Autobauer tragen dazu kaum bei. Gegen die Selbstverständlichkeit ein oder gar zwei und mehr eigene Autos zu besitzen, machen Umweltschützer seit Jahren mobil. Ab Donnerstag findet die „European Mobility Week“ statt. Über 1500 Städte nehmen mit unterschiedlichen Aktionen daran teil. In Deutschland heben sich vor allem Würzburg, Erfurt und Frankfurt/Main hervor. Der Höhepunkt ist der europaweit autofreie Tag am 22. September.

Eins scheint selbst unter den größten Autofans unumstritten: Auf Dauer können wir es uns nicht mehr leisten, unsere PKW mit Benzin zu füttern. Aber auch der von vielen propagierte Wandel hin zum Elektroauto ist umstritten. Umweltschützer kritisieren, dass E-Autos mit unserem jetzigen Strommix so viel Kohlendioxid-Emmission verursachen wie herkömmliche klassewagen mit Verbrennungsmotor. Zudem böten Elektroautos eine Legitimation für den Bau neuer Kraftwerke, die den Klimawandel forcieren würden. Statt fragwürdige Strukturen zu zementieren, müssten nach Meinung der Kritiker vielmehr ganz neue Mobilitätskonzepte erdacht werden. Mit einer geschickten Kombination von Fahrrad, Bahn und Bus könnte der Individualverkehr ersetzt werden.

Andererseits gebe es keine Alternative zum Auto, wenn Menschen weiterhin flexibel und unabhängig mobil bleiben wollen, argumentiert die Gegenseite. Gerade auf dem Land seien PKW nicht ersetzbar, sei es für den Weg zur Arbeitsstelle oder für die Freizeitgestaltung. Der öffentliche Nahverkehr könne – auch wenn er massiv gefördert und ausgeweitet wird – die Notwendigkeiten der Mobilität auf dem Land nicht auffangen.

Was meinen Sie – müssen wir uns endlich vom Auto verabschieden?

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