Nahost-Friedensverhandlungen in Gefahr: Das Siedler-Spiel geht weiter
Die Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern drohen zu platzen, da Israel am Sonntag den Baustopp für die Siedlungen auslaufen ließ. Die USA versuchen, ein Debakel zu verhindern.
JERUSALEM afp | Nicht einmal vier Wochen nach Beginn der Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern stehen diese wieder auf der Kippe: Ungeachtet internationalen Drucks ließ Israel in der Nacht zum Montag den Baustopp für jüdische Siedlungen im Westjordanland auslaufen. Die Palästinenser hatten zuvor gedroht, in diesem Fall aus den Friedensverhandlungen auszusteigen.
Mit Ablauf des vor zehn Monaten verhängten Bau-Moratoriums rief Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zur Fortsetzung der Friedensverhandlungen auf. "Ich fordere Präsident Abbas auf, die guten und ehrlichen Gespräche, die wir begonnen haben, fortzusetzen, um ein historisches Friedensabkommen zwischen unseren beiden Völkern zu erreichen", sagte Netanjahu.
Abbas seinerseits verlangte von Netanjahu einen sofortigen neuen Baustopp. Dies sei die einzige Möglichkeit, zum Frieden zu gelangen, sagte ein Sprecher des Präsidenten in Paris. Abbas wolle die Verhandlungen fortsetzen. "Aber Netanjahu muss die Entscheidung treffen, die Siedlungen einzufrieren, um eine angemessene Atmosphäre zur Fortsetzung der Friedensgespräche zu schaffen", sagte der Sprecher am Rande eines Abbas-Besuches in der französischen Hauptstadt.
Die Bauaktivitäten sind der größte Streitpunkt bei den erst Anfang September wieder aufgenommenen direkten Friedensgesprächen. Der befristete Baustopp war im November 2009 von Israel angeordnet worden. Die Palästinenser hatten vehement eine Verlängerung des Moratoriums gefordert und mit einem Ausstieg aus den Friedensgesprächen gedroht. Allerdings scheint Abbas nicht sofort entscheiden zu wollen: Er hatte am Sonntag angekündigt, dass auf seine Bitte hin die Arabische Liga am 4. Oktober in Kairo über das Thema beraten werde.
Auch die USA hatten in den vergangenen Tagen Israel zu einer Verlängerung des Baustopps gedrängt. Diese Forderung wiederholte Außenamtssprecher Philip Crowley nach Ablauf des Moratoriums: "Unsere Position zum Siedlungsbau hat sich nicht geändert." Crowley äußerte die Hoffnung, dass die Friedensgespräche weitergehen. Ziel sei es weiterhin, die Verhandlungen in Richtung eines Friedensvertrages voranzutreiben. "Wir bleiben in engen Kontakt mit beiden Seiten und werden uns mit ihnen in den kommenden Tagen erneut treffen."
Crowley zufolge gab es im Laufe des Sonntags intensive politische Bemühungen um den Friedensprozess. So habe US-Außenministerin Hillary Clinton mit Netanjahu telefoniert. Zudem hätten US-Vertreter in New York mit dem palästinensischen Unterhändler Saeb Erekat gesprochen.
In den jüdischen Siedlungen wurde das Ende des Baustopps teils frenetisch gefeiert. So versammelten sich in Rewawa im Norden des Westjordanlandes etwa 2000 Siedler und zählten lautstark die Sekunden bis zum Ende des Baustopps herunter. In der nahegelegenen Siedlung Kirjat Netafim war bereits am Sonntag demonstrativ der Grundstein für eine Kinderkrippe gelegt worden.
In der Nähe von Hebron wurde derweil ein israelisches Auto beschossen, vermutlich von palästinensischen Schützen. Dabei seien zwei Israelis leicht verletzt worden, unter ihnen eine schwangere Frau, teilte die israelische Armee mit. Die im neunten Monat schwangere Frau wurde laut Medienberichten in ein israelisches Krankenhaus gebracht, ihr Baby kam per Kaiserschnitt zur Welt.
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