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Weniger Zertifikate

KLIMA Das EU-Parlament will der Reform des CO2-Emissionshandels zustimmen. Deutschland zögert

BERLIN taz | Die Reform des maroden EU-Emissionshandels tritt in eine entscheidende Phase. Am Dienstag entschied der für dieses Thema ausschlaggebende Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, dass die Zahl von CO2-Zertifikaten in Zukunft verknappt werden soll, um den Preisverfall zu stoppen. Das setzt die EU-Länder, allen voran Deutschland, unter Druck, zu einer Einigung zu kommen. Wenn die Länder sich darin nicht einigen, scheitert auf absehbare Zeit eine Reform des gesamten Systems.

Der Emissionshandel sollte das zentrale Instrument der EU zum Klimaschutz sein: Insgesamt 11.000 Industriebetriebe müssen für ihren Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid Zertifikate erwerben, die gehandelt werden können. Der Preis pro Tonne CO2 wurde ursprünglich mit etwa 30 Euro kalkuliert, heute liegt er bei etwa fünf Euro. Denn es wurden auf Druck der Wirtschaft zu viele Zertifikate verteilt und die Klimaschutzziele zu niedrig gesetzt, außerdem fiel in der Krise der Bedarf. Die EU-Kommission hat deshalb vorgeschlagen, für drei Jahre ab 2013 Zertifikate für insgesamt 900 Millionen Tonnen CO2 aus dem Markt zu nehmen und sie erst später wieder freizugeben („Backloading“). Diesem Vorschlag wird das Europaparlament nun zustimmen.

Allerdings ist der deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) dagegen. Er will die Unternehmen nicht durch höhere Abgaben belasten. Weil sich Deutschland laut Koalitionsvertrag bei Uneinigkeit in Europafragen enthalten muss, nützt auch die Unterstützung aus dem Umweltministerium und dem Kanzleramt nicht viel. Wenn aber Deutschland bei den Verhandlungen unter den EU-Ländern in den nächsten Tagen nicht zustimmt, wankt der gesamte Vorschlag. Die EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard erklärte bereits, sie warte „ungeduldig auf die deutsche Position“. Wird es damit nichts, ist das Thema bis zur Bundestagswahl politisch tot. Damit sind die Fronten jetzt klar: Kommission, Parlament und Länder wie Frankreich sind für die Rettung des Emissionshandels, die Deutschen und manche Osteuropäer sperren sich. Für den Klimaexperten Christoph Bals von der Umweltgruppe „Germanwatch“ bringt das „Backloading“ erst einmal wenig fürs Klima, weil die Zertifikate später wieder ins System zurückkommen – aber „das ist der nötige erste Schritt zu einer umfassenden Neuordnung des Emissionshandels“.

BERNHARD PÖTTER