Kommentar zu Irlands Pleite: Die Story ist geplatzt

Der Euro war eine schöne Geschichte. Plötzlich konnten sich auch Iren ein Haus finanzieren. Das Kreditrisiko schien verschwunden. Doch was soll jetzt werden?

Spekulanten und Investoren lieben schöne Geschichten. Und der Euro war eine sehr schöne Geschichte: Der Euro machte aus einem zersplitterten Kontinent einen einzigen mächtigen Wirtschaftsraum. Wo früher kleine Staaten mit kleinen Währungen wie dem irischen Pfund hohe Kreditzinsen zahlen mussten, galt plötzlich der Einheitszins der europäischen Zentralbank. Dieser magische Leitzins wiederum lag ganz niedrig. Denn die Zentralbanker orientierten sich nicht am labilen, kleinen Irland, sondern am stabilen, großen Deutschland.

Es wäre unmenschlich gewesen, als Grieche oder Ire nicht in einen Kaufrausch zu verfallen! So niedrige Zinsen, so plötzlich - ein Tor, wer sich da nicht ein Haus oder Zweitauto auf Kredit finanziert.

Für Europa war der Euro, was die Subprime-Verbriefungen in den USA waren. Beide Erfindungen versprachen eine völlig neue Finanzwelt, in der das Kreditrisiko wundersam verschwindet. Plötzlich schien der Konsum auch finanzschwachen Schichten und Ländern möglich, die bis dahin von der Glitzerwelt des Kapitalismus ausgeschlossen waren. Ein bisschen Finanztechnik - und die soziale Frage schien gelöst. Doch die soziale Frage kehrt wieder. Das ist die eigentliche Nachricht der Euro-Crashs in Griechenland und Irland.

Schon die Kürzungsprogramme der dortigen Regierungen treffen stets die Schwächsten, ob nun die Mindestlöhne oder die Sozialausgaben gesenkt werden. Wirklich beunruhigend aber ist die langfristige Perspektive.

Die schöne Geschichte vom Euro hat aus den einstigen "Armenhäusern Europas" vorübergehend florierende Volkswirtschaften gemacht. Nun sind die Zeiten der Niedrigzinsen jedoch vorbei. Für immer. Was soll aus Irland und Griechenland jetzt werden?

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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