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Wolfgang Zimmermann über die NRW-Linke"Wir sind nicht bescheiden"

Trotz Kritik will die Linkspartei den rot-grünen Nachtragshaushalt im Landtag von NRW passieren lassen, weil kein Sozialabbau geplant ist. Als Mehrheitsbeschaffer sehen sie sich aber nicht.

Wolfgang Zimmermann: "Wir erkennen an, dass SPD und Grüne einige Schritte in die richtige Richtung unternehmen." Bild: dpa
Pascal Beucker
Interview von Pascal Beucker

taz: Herr Zimmermann, die Linke hat am Sonntag beschlossen, per Enthaltung den Nachtragshaushalt der rot-grünen Minderheitsregierung passieren zu lassen. Haben Sie solch große Angst vor Neuwahlen?

Wolfgang Zimmermann: Wir haben keine Angst vor Neuwahlen. Anders als die FDP sehen uns die aktuellen Umfragen allesamt über fünf Prozent. Wenn Neuwahlen nötig sind, dann gibt es sie eben. Aber wir streben sie auch nicht an. Denn dadurch könnte die Politik- und Parteienverdrossenheit weiter zunehmen. Außerdem wären damit immense Kosten für das Land verbunden.

Sie werfen Rot-Grün vor, "nur hauchzarte Korrekturen an der neoliberalen Kahlschlagpolitik von CDU und FDP" zu unternehmen. Trotzdem wollen Sie den Haushalt nicht ablehnen. Sind Sie so bescheiden geworden?

Wir sind überhaupt nicht bescheiden geworden. Wir sind im Parlament weiterhin die Stimme für die abhängig Beschäftigten, die Erwerbslosen, die Studierenden und für alle Menschen, die unter diesem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem leiden. Nur haben wir hier eine Situation, in der eine Minderheitsregierung amtiert, die momentan zumindest keinen Sozialabbau, keinen Stellenabbau im öffentlichen Dienst und keine Privatisierungspolitik betreibt. Das sind die roten Linien, die für uns nicht überschritten werden dürfen. Allerdings dringen wir weiter auf Nachbesserungen.

Das heißt konkret?

Die drei wichtigsten Forderungen sind für uns die Abschaffung der Studiengebühren schon im Sommersemester 2011, die Neueinstellung von mindestens 200 Betriebs- und Steuerprüfern sowie zusätzliche finanzielle Zuweisungen von 341 Millionen Euro an die Kommunen zulasten der von SPD und Grünen eingeplanten 1,3 Milliarden Euro Garantiesumme für die WestLB.

Missstände im Haushalt zu beklagen, ihn aber durchzuwinken: Ist das konsequent?

Ich halte das absolut nicht für inkonsequent. Wir erkennen an, dass SPD und Grüne einige Schritte in die richtige Richtung unternehmen. Diese stellen zwar noch keinen grundlegenden Politikwechsel dar. Aber ich glaube nicht, dass es vermittelbar wäre, wenn wir nur deshalb diesen Nachtragshaushalt durchfallen lassen würden.

Der neue FDP-Landesvorsitzende Daniel Bahr wirft Ihnen vor, im Zweifel sei die Linkspartei "die stille Reserve der rot-grünen Minderheit". Der Verdacht drängt sich auf, oder?

Wir beweisen doch Tag für Tag, dass wir keine reinen Mehrheitsbeschaffer für Rot-Grün sind. Zum einen machen wir permanent durch unsere eigenen Anträge und Gesetzesinitiativen unsere weitergehenden Positionen deutlich. Zum anderen stimmen wir Anträgen anderer Fraktionen immer dann zu, wenn wir sie inhaltlich für richtig halten. Sie können von SPD und Grünen kommen, aber ebenso von CDU oder FDP.

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5 Kommentare

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  • T
    Thommy

    FDP - Klientelpartei? *lach* Wie oft will man diese hohlen LInkspartei-Propagandasprüche noch zitieren.

     

    Die Linkspartei ist keine Klientelpartei? Natürlich ist sie das. Sie ist die Klientelpartei der Staatsgläubigen, derer, die sich gerne vom Staat durchfüttern lassen, derer, die gerne die Verantwortung anderen übergeben um selbst keine tragen zu müssen, derer, die mit der sozialistischen Gießkanne rumlaufen wollen obwohl kein Geld dafür vorhanden ist, derer, die noch an ein mehrfach gescheitertes System glauben, derer, die meinen immer im Recht zu sein,...ich könnte ewig so weiter machen!

  • S
    Steffen

    Also eine Partei die beliebig wird und keine eigene Linie hat ist überflüssig, davon gibt es schon im Bundestag die alle miteinander austauschbar sind.

     

    Und die Linke tut natürlich gut daran Dinge die sie selbst vertritt auch zu unterstützen ...

     

    Anders ist es zb. bei SPD und Grüne die jahrelang für den Mindestlohn warben im Wahlkampf, diesen in der Praxis aber stets verhindert und abgelehnt haben.

     

    Wäre doch dumm, blödsinnig und selbstmörderisch wenn die Linke genauso handeln würde.

     

    Klar für einen Gegner der Linken wäre das natürlich toll, ... die nächste Überschrift wäre dann "Die Linke entzaubert sich."

     

    Ein Medienlob würde es dafür nicht geben ... nur den Beweis für alle anderen Parteien das man auch die letzte Opposition eingetütet hat.

     

    Nein, wie gesagt, die Linke macht es für ihre Wähler richtig, zustimmen wio man kann ... ablehnen wo man es nicht verantworten kann.

     

    Im übrigen sollte es der Linken langsam scheissegal sein was die Medien denken, eine faire Berichterstattung gibt es nicht, den Medienhype wie Grüne/SPD werden sie nicht bekommen ... da sitzen zu wenige Parteisympathisanten am Drücker in den Medien. Grüne/SPD-TAZ Schreiber gibt es dagegen massig die keine Chance ungenutzt lassen ihre Favoriten zu pushen und im Gespräch zu halten.

     

    Dagegen wird jeder Bericht von/über die Linke negativ eingefärbt .... mal ist es die unberechenbare Chaotentruppe, dann werden Ex-Grüne/SPDler mal fix zu Mauerschützen umgemoddelt und jetzt sind es eben die bescheidenen Umfaller.

     

    Was Positives wird man hier bei diesem Möchtegern-, bzw. Salonsozialisten-Blatt nicht lesen.

     

    Ich sag nur weiter so Linke, ihr werdet gebraucht in NRW ... erinnert die Regierung an ihre Wahlversprechen und sorgt dafür das man nicht nach der Wahl nach Seeheimer-Art rechts abbiegt.

  • BS
    Brigitte Schultz

    Dieses Interview hat doch wirklich ein sehr niedriges Niveau? Habe ich etwas verpasst oder bin ich zu naiv, dass mir bis heute nicht bewusst war, dass die taz als Sprachrohr der FDP - dieser unsäglichen Klientelpartei -

    aktiv ist? Oder aus welchem Grund sieht Herr Beucker sich genötigt, die FDP mit Argumenten der FDP zu konfrontieren? Fällt ihm selbst nichts ein?

  • M
    Marcel

    Die LINKE hat es wegen dogmatischer Prinzipienreiterei bisher nicht zum Durchbruch und zu allgemeiner Anerkennung geschafft. DIE LINKE NRW war auf diesem Holzweg bis dato der enthusiastischste Akteur. Und jetzt fragt die taz bei Wolfgang Zimmermann kritisch nach, weil er endlich mal Pragmatismus und progressive Politik vertritt?

  • BG
    Bernd Goldammer

    Demokraten sollten zusammenarbeiten können. Das gilt nicht nur wenn es der CDU dienlich ist.