Vorstoß gegen Geheimhaltung: Beamte sollen offener werden
Wer wissen will, was Behörden wissen, hat es schwer. Greenpeace legt mit anderen Verbänden daher einen Entwurf für ein Bürgerinformationsgesetz vor.
BERLIN taz | Die geheimen Stuttgart-21-Gutachten, Verträge über die Privatisierung von Wasserwerken, Schadstoffbelastung bei Lebensmitteln oder die Kosten für den Schweinegrippenimpfstoff: Wer wissen will, was Behörden wissen, hat es schwer. Und das trotz einer Fülle von Informationsgesetzen. Das soll sich nun ändern.
Am Dienstag hat der Umweltverband Greenpeace einen Entwurf für ein neues Bürgerinformationsgesetz vorgelegt. Diesen haben sie zusammen mit dem JournalistInnenverband Netzwerk Recherche und der Deutschen Gesellschaft für Informationsfreiheit (dgfi) erarbeitet. Markus Grill von Netzwerk Recherche sagte: "Es kann nicht sein, dass der Bürger darauf angewiesen ist, dass Wikileaks relevante Informationen veröffentlicht."
Man könnte meinen, die Informationsfreiheit sei gesichert in Deutschland. Hierzulande gibt es insgesamt 29 Informationsgesetze: Wer als Verbraucher etwas über schadstoffbelastete Lebensmittel oder Spielsachen wissen will, kann sich seit zwei Jahren auf das Verbraucherinformationsgesetz berufen. Für Umweltinformationen haben alle Länder und der Bund extra Gesetze. Dazu kommen ein Informationsfreiheitsgesetz des Bundes und elf weitere in den Ländern, die vor allem von JournalistInnen in Anspruch genommen werden.
Gesetze bringen nicht viel
Nur: Immer wieder würden sich Behörden hinter Ausnahmeregelungen verstecken, die Anfragen sind teuer und dauern oft Monate oder gar Jahre, kritisieren die drei Verbände. Von zehn Anfragen, die Greenpeace bei Inkrafttreten des Verbraucherinformationsgesetzes im Mai 2008 gestellt hat, seien zweieinhalb Jahre später drei noch immer nicht beantwortet.
Im nächsten Jahr will die Regierung das Verbraucherinformationsgesetz überarbeiten. "Eine kleine Reform reicht nicht, wir brauchen einen Neustart", sagt Manfred Redelfs von Greenpeace. Das Bürgerinformationsgesetz soll die bisherigen Informationsgesetze ersetzen. Der Entwurf soll im Januar dem Justizministerium vorgelegt werden. Darin enthalten: weniger Ausnahmen, enge Antwortfristen, niedrige Gebühren und mehr Informationen, die Behörden von sich aus veröffentlichen müssen.
Leser*innenkommentare
Martin
Gast
Ja, ja, wenn es um Umweltsünden geht, sollen die Behörden aufklären. Was ist mit Sexualstraftätern? Ist die taz auch für Karten, wie in den USA, in denen verzeichnet ist, wo die nach Entlassung wohnen??
Peter
Gast
Richtig so! Am besten sollte bei der Gelegenheit gleich das Öffentlichkeitprinzip eingeführt werden, das es in Schweden schon lange und seit kurzem auch in der Schweiz gibt: Dort hat jedermann ein Recht darauf, die Akten der Verwaltung einzusehen; Ausnahmen müssen ausdrücklich angeordnet werden.
Wenn dann auch noch bundesweit Bürgerhaushalte und direkte Demokratie eingeführt wird, dann klappt's auch wieder mit der DB :-)
Walter Keim
Gast
Stuttgart 21 ist ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit zur Transparenz und Offenheit.
Am Anfang der Schlichtung stand die Forderung, dass alle Fakten auf den Tisch kommen sollten. Wer die Schlichtung verfolgte sah, dass das immer wieder misslang. Deshalb habe einen Antrag auf Akteneinsicht in das Gutachten "Neubewertung der Nutzen-Kosten-Analyse der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm": http://home.broadpark.no/~wkeim/files/101026bmv.htm
Das ich dann auch dem Eisenbahn Bundesamt senden werde, da das Gutachten dort nicht vorliegt: http://home.broadpark.no/~wkeim/files/101219eba.html