Aktionstag gegen Anti-Extremismusklausel: 10.000 Faxe für Kristina Schröder

Initiativen gegen Rechts müssen seit 2011 eine Erklärung gegen Extremismus unterzeichnen. Sonst gibt's keine Fördergelder mehr. Dagegen soll Dienstag protestiert werden.

Würde bei jeder Anti-Extremismus-Prüfung durchfallen: Teilnehmer einer Neonazi-Demo. Bild: dpa

Geldzahlungen nur nach Gesinnungsprüfung: Um an Fördergelder zu kommen, müssen Initiativen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus seit Beginn 2011 eine Antiextremismuserklärung unterzeichnen und versichern, dass ihre Partner sich den "Zielen des Grundgesetzes" verpflichten.

Eingeführt wurde diese Hürde von Kristina Schröders Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. "Diese Erklärung ist ein ideologische Projekt der Ministerin, das die wirkliche Gefahr für die Projekte gegen Rechts und der Opfer rechter Gewalt ausblendet", so eine Sprecherin der Aktion Sühnezeichen Friedensdienst.

Seit Monaten sorgt die Erklärung für Kritik. Mit einem Aktionstag gegen Bekenntniszwang möchten am Dienstag verschiedene Vereine, die von der Entscheidung betroffen sind, das Ministerium zum Umdenken bewegen. Am 1. Februar soll massenhaft mit Mails, Faxen und Briefen beim Bundesfamilienministerium und beim Bundeskanzleramt gegen die "Bespitzelungsklausel" protestiert werden. Auch auf Facebook wird es eine Seite geben, um die "ersatzlose Rücknahme" der Klausel in den Zuwendungsbescheiden zu fordern.

"Gerade die sensible Arbeit gegen Rechstextremismus ist auf gut funktionierende Netzwerke angewiesen. Misstrauen und Denunziation fördere keine Vertrauensbasis", sagt Horst Hopmann, Geschäftsführer von "Arbeit und Leben" in Hamburg. Die geförderten Träger des Programms "Toleranz fördern – Kompetenz stärken" und "Initiative Demokratie stärken", würden genötigt "sämtliche Kooperationspartner auf ihre Gesinnung zu überprüfen" und gegebenenfalls die Zusammenarbeit aufzukündigen.

Die Initiatoren des Aktionstages betonen, problematisch sei nicht so sehr, sich zum Grundgesetz zu bekennen, sondern die Aufforderung, "Verfassungstreue von Partnerorganisationen" durch Anfragen beim Verfassungsschutz sicherzustellen. Der Verwaltungsrechtler Professor Ulrich Battis hat in einem Gutachten denn auch herausgearbeitet, das Teile der Erklärung des Ministeriums "verfassungsrechtlich bedenklich" sein.

In den "Hinweisen" zu den Programmen betont das Ministerium aber, dass die materiellen und immateriellen Leistungen von dieser Überprüfung abhängen. Das Ministerium legt auch dar, dass die Zusammenarbeit mit "extremistischen Zusammenschlüssen in der Partei 'Die Linke', wie die Kommunistische Plattform (...) oder die 'Sozialistische Linke" unterbleiben müsste. Und es betont: über mögliche extremistische Ausrichtungen weiterer Partner sei sich über die Verfassungsschutzbehörden kundig zu machen. Die Initiatoren des Aktionstages weisen indes darauf hin, dass gerade in Nordrhein-Westfalen und Bayern antifaschistische Zeitungen und Archive vor Gericht erfolgreich gegen die Bewertung des Verfassungsschutzes als "linksextrem" klagten.

Als die rot-grüne Bundesregierung 2000 die ersten Förderprogramme einsetzte, ging es um die Förderung von lokalen und antifaschistsichen Initiativen, kirchlichen Trägern und Betroffenen rechter Gewalt, sagt die Sprecherin von Aktion Sühnezeichen. Nun werde diesen Initiativen "besonderes staatliches Misstrauen entgegen gebracht".

Die Zivilgesellschaft solle in dieser Auseinandersetzung zurückgedrängt werden, betont die Sprecherin, damit die Deutungsmacht von Polizei, Verfassungsschutz und Justiz größer werden. Hier läge das Interesse der Ministerin. "Doch leider sind immer noch Teile dieser Institution ein Teil des Problems – weil ihre Haltung gegen Neonazis häufig bestenfalls von Ignoranz und schlimmstenfalls von einem paternalistischen Verhältnis geprägt ist", sagt sie.

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