piwik no script img

Rechtsextremismus in UngarnDämpfer für die Bürgerwehren

Die Umtriebe rechtsradikaler Bürgerwehren gegen Roma gehen mittlerweile sogar der Regierung zu weit. Ein Gesetz soll Abhilfe schaffen und Schläger ins Gefängnis bringen.

Szenen wie diese will die Regierung nicht mehr sehen: Verletzter bei einer Schlägerei zwischen Bürgerwehr und Roma in Gyöngyöspata. Bild: reuters

BUDAPEST dpa | Das ungarische Parlament hat die Aktionsmöglichkeiten rechtsradikaler "Bürgerwehren" eingeschränkt, die aggressiv gegen Roma auftreten. Die Abgeordneten stimmten am Montagabend in Budapest mehrheitlich der Einführung zweier neuer Straftatbestände im Strafgesetzbuch zu.

Vor wenigen Tagen hatte die Regierung angekündigt, dass damit der "Kriminalität in Uniform" Einhalt geboten werden solle. Grundsätzlich verboten wurden rechtsradikale "Bürgerwehren" damit aber nicht. In Ungarn gibt es seit Anfang der 90er Jahre legale, vom Staat unterstützte, lokal aktive Bürgerwehren. Sie sollen die Polizei entlasten und durch Patrouillen Bagatelldelikten vorbeugen.

In einigen ungarischen Dörfern mit hohem Roma-Anteil waren zuletzt uniformierte Rechtsradikale als "Bürgerwehr" aufmarschiert. Im zentralungarischen Dorf Gyöngyöspata waren hunderte Roma aus Angst vor den marschierenden Extremisten mehrmals für jeweils mehrere Tage in andere Orte geflohen.

Durch das neue Gesetz können Mitglieder von Bürgerwehren nun mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden, wenn sie nicht mit der Polizei zusammenarbeiten und durch ihr Auftreten bei "ethnischen, rassischen oder reliogiösen" Gruppen "Schrecken" verbreiten. Das gilt auch für nicht zugelassene "Bürgerwehr"-Gruppierungen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • A
    alcibiades

    Ist denn das stetige Nazi-Rumgeprolle hier von der taz erwünscht? Wenn ja, warum?

     

    ***Anmerkung der Redaktion: Nein, ist es nicht. Wir löschen viele Kommentare, die rassistisch sind. Weil aber das Löschen von Kommentaren ein scharfes Schwert ist, darf man es auch nicht übertreiben. Wer hier nur eine rechte Gesinnung offenbart, ohne jemandem zu Nahe zu treten, wird nicht zensiert.

    Manche beleidigende Kommentare sind dabei allerdings so verschwurbelt, dass es unseren Moderatoren zuweilen passiert, dass sie letztlich doch beleidigende Kommentare übersehen. Bei Hinweisen anderer Kommentatoren löschen wir diese nachträglich. Wir bitten dafür um Verständnis.

  • DS
    Der Sizilianer

    @ H. P. Petersen:

     

    "Laut DiePresse.com haben sich ca. 100 Roma gegen einen Angriff von 4 „Neonazis“ mit Knüppeln verteidigt, wobei die 4 „Neonazis“ teils schwer verletzt wurden."

     

    Leider hatten Sie unerwähnt gelassen, dass es sich bei diesem "Roma-Angriff" nicht um einen durch unabhängige Presseberichterstattung festgestellten objektiven Sachverhalt handelt (wie Ihr Kommentar suggeriert), sondern schlicht und ergreifend um eine Behauptung der Neonazis:

     

    http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/653611/Ungarn_Kaempfe-zwischen-Roma-und-Rechtsextremen

     

    Das Neonazis in völliger Verkennung der Realität zur täglichen Täter-Opfer-Umkehr neigen, zeigt sich z.B., wenn sie der angeblichen "Ermordung" des Hitlerstellvertreters Hess "gedenken" oder die Bombardierung deutscher Städte mit dem Holocaust gleichsetzen oder von der "Bedrohung" durch "Überfremdung" schwafeln:

    http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/mit-faeusten-gegen-%5Cueberfremdung%5C/

     

    Die Behauptungen der vier Neonazis, von Roma "zusammengeschlagen" worden zu sein, muss daher sehr kritisch gelesen werden.

  • W
    Wette

    Ich wette, dass die ungarische Regierung, die Polizei so zusammenspart, wie das überall in Europa passiert.

     

    Dadurch entsteht ein Verlust der inneren Sicherheit und die Kriminalität erhöht sich wegen der steigenden sozialen Probleme.

     

    Am Ende knallen dann Volksgruppen aufeinander und kämpfen gegeneinander.

     

    Natürlich ist die Argumentation, dass alle Ungarn Rassisten sind, wesentlich leichter zu verstehen.

     

    Ich vermute aber, das ganze ist komplexer und auch die Schuldenkrise der Ungarn wird da mit reinspielen.

     

    Die Würde der EU, des Euros und natürlich der Großbanken ist unantastbar.

     

    Die Bösen in diesem Spiel sind die Bürger die die Konsequenzen tragen. Böse Rassisten und böse Roma.

  • DM
    die Macht der Worte

    Rassismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen.

  • K
    KoksGräfin

    @rosa

    *ironie on*

    selbstverständlich gehören rassistische stereotypisierungen wie "romakriminalität" in die rubrik "freie meinungsäußerung"

    *ironie off* (ich gehe davon aus, auch dein comment ist ironisch gemeint).

     

    aber sonst geht's danke?!

     

    @horst

    soll das eine meinungsäußerung sein? zu "Türken-Jungs", die "Sorte" vor der uns (?) unsere (?) "Eltern viel ernsthafter hätten warnen sollen"? wieso das denn? präzisier doch mal bitte!

  • R
    @Rosa

    kannst auch du nicht zwischen rassismus und freier meinungsäußerung unterscheiden?

     

    "(...)taz.de behält sich vor, beleidigende, rassistische oder aus ähnlichen Gründen unangemessene Beiträge nicht zu publizieren".

     

    zur sensibilisierung (falls es doch irgendwen interessieren sollte):

     

    "Die stärkste rechtsextreme Gruppierung in der Slowakei ist die „Slowakische Gemeinschaft“ von Márian Kotleba. Auch sie spricht von der „Roma-Kriminalität“ (im ungarischen rechten Jargon – „Zigeunerkriminalität“), gegen die man sich zu schützen habe. "

     

    quelle:

    Buchkritik: Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus.

    Gregor Mayer/Bernhard Odehnal skizzieren in ihrem Buch „Aufmarsch“ die rechte Gefahr aus Osteuropa.

    http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=14617

  • DP
    Don Pedro

    Der Verletzte auf dem Foto ist tatsächlich ein "Schwarzhemd" der versucht hat seinen besoffenen Nazi-Kumpel von einer obszönen Provokation der Romagemeinde abzuhalten. Die von der deutschen Presse präsentierte "Gewaltwelle" gegen Roma war also eine eher verbale, was natürlich auch zu verurteilen ist. Zum Glück wird die jetzt auch eingeschränkt.

  • R
    Rosa

    Ich finde es nicht richtig, dass hier Leute mit abweichender politischer Meinung diese einfach so frei äußern dürfen. Die TAZ ist schließlich eine linke Zeitung.

  • A
    alabasta

    Ungarn ist ein deutliches Beispiel, wie sich ein staatlich gestützter Rassismus entwickeln kann - und das Ende ist noch nicht erreicht. Auch wenn es der ungarischen Regierung nun doch etwas zu 'heiß' wird, können die dortigen rechten Bürgerwehren weiter agieren. Den hiesigen Politikern scheint die Entwicklung in dem europäischen Land nicht von Bedeutung zu sein, stattdessen buhlen sie um die 'konservative' Mitte, siehe die SPD und 'ihr' Sarrazin oder die Seehofer'sche CSU (bei der ich allerdings nichts anderes erwartet habe). Wehret den Anfängen.

  • S
    Susannenstraße

    ich wünsche mir von der taz-redaktion, dass sie mal nachhilfestunden in sachen rassismus und textinterpretation nimmt. da haperts inzwischen ganz gewaltig.

     

    immerhin habt ihr (nach wahrscheinlich einigen protest-postings) den antiziganistischen kommentar von kai entfernt. wenn ihr das wort "romakriminalität" nicht verdächtig findet, frage ich mich schon, was bei bzw mit euch eigentlich los ist.

     

    wie ist jetzt wohl der kommentar von @horst zu verstehen?

     

    eine total genervte und enttäuschte taz-leserin

  • HP
    H. P. Petersen

    Was ist in Gyöngyöspata wirklich geschehen? Der Mann auf dem Foto ist offenbar kein Roma, denn unter dien 4 Verletzten war kein Roma. Laut DiePresse.com haben sich ca. 100 Roma gegen einen Angriff von 4 „Neonazis“ mit Knüppeln verteidigt, wobei die 4 „Neonazis“ teils schwer verletzt wurden. Es scheint, die Roma sind nicht ganz so friedlich- und die Bürgerwehren nicht ganz so überflüssig wie gern dargestellt.

  • H
    horst

    Tja, erst versagt unser deutscher Staat bei der Ausländerfeindlichkeit, dann will er auch noch anständige Türken-Jungs gängeln, die ihre Schwestern nur schützen wollen.

     

    Es ist immer das selbe Lied, das die Sorte anstimmt, vor der euch eure Eltern viel ernsthafter hätten warnen sollen.

  • A
    appendix

    @kai

    ich weiß ja nicht wie dein wertesystem aussieht, aber gewalt gegen bevölkerungsgruppen die kontinuierlich vom system benachteiligt werden, sowie unter gesellschaftlichen ressentiments zu leiden haben, scheint für dich legitimer zu sein, als der diebstahl von nahrungsmitteln um die existenz zu sichern auf die einem andere, aufgrund antiziganistischer und rassistischer vorurteile, das recht absprechen wollen.das nenne ich verkehrte welt.