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Scholz stellt Sparpläne vorStellenstopp soll Haushalt retten

SPD-Bürgermeister Olaf Scholz will Stellen im öffentlichen Dienst abbauen, um seine Wahlversprechen zu finanzieren und die Finanzen zu konsolidieren.

Nur eine Bescherung gibts: Scholz überlegt, die Weihnachtsgeld-Kürzung zum Teil zurückzunehmen. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Details fehlen noch, aber die große Linie ist klar. Ohne "große Streichorgie", so Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD), dafür aber mit einem für zehn Jahre lang nahezu eingefrorenen Haushalt will der Senat den Haushalt sanieren und dafür sorgen, dass 2020 keine neuen Schulden mehr gemacht werden. Nur um durchschnittlich 0,88 Prozent soll der Haushalt in Zukunft jährlich steigen, ungeachtet dessen, wie sich die Steuereinnahmen entwickeln.

Um diesen Wert zu erreichen will Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) jährlich mindestens 250 Stellen im öffentlichen Dienst streichen und kündigt zudem an: "Je höher die Tarifsteigerungen, desto größer die Personalreduktion." Schwerpunkt soll die Verwaltung sein, während Polizei, Feuerwehr und die Schulen "geschont" werden sollen. Im Gegenzug verheißt Scholz den Beamten eine kleine Bescherung: Die Kürzung des Weihnachtsgeldes und die weitgehende Aussetzung von Tariferhöhungen könnten zum Teil zurückgenommen werden - Gespräche mit den Gewerkschaften laufen.

Um Wahlversprechen wie die Senkung der Kita-Gebühren, mehr Sicherheitskräfte auf den Bahnsteigen oder die Anhebung des Kulturetats zu finanzieren, will der Senat kräftig sparen - 30 Millionen allein bis 2012 durch die Einstellung der Planungen für die Stadtbahn und die Beerdigung aller geplanten verkehrsberuhigenden Shared space-Projekte und Kreisverkehre.

Da zudem Dank niedrigem Zinsniveau vergleichsweise wenig Zinsen für die aufgelaufenen Staatsschulden bezahlt werden müssen, rechnet Tschentscher damit, dass die Gesamtausgaben für 2011 und 2012 geringfügig unter den vom Ex-Senat prognostizierten knapp 11,5 Milliarden Euro liegen werden. Bislang nicht gegenfinanziert ist die Abschaffung der Studiengebühren ab Herbst 2012.

Kritik für diese Planungen gab es von CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich, der eine "Haushaltskonsolidierung auf dem Rücken der Beschäftigten" beklagt: "Wir wollten Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst erhalten, indem wir die Bezüge der Einzelnen etwas reduzieren - der neue Senat geht offensichtlich den umgekehrten Weg."

Zudem kritisiert Wersich, dass Scholz und Tschentscher für 2011 und 2012 von schwarz-grünen Ausgabenplanungen ausgehen, die aufgrund der unerwartet schnellen Überbrückung der Wirtschaftskrise viel zu hoch angesetzt seien. 2009 und 2010 hätte Hamburg 600 und 400 Millionen weniger ausgegeben als vorgesehen - der neue Senat setze nun auf diese tatsächlichen Ausgaben fast vier Prozent drauf, betreibe so "Wählertäuschung".

Auch die GAL-Finanzexpertin Anja Hajduk fordert "eine geringere Neuverschuldung und damit die raschere Einführung der Schuldenbremse noch vor 2010". Die Linke hingegen vermisst jede Initiative des Senats zur Verbesserung der Einnahmen und damit zur Erhöhung der politischen Gestaltungsspielräume. Und DGB-Chef Uwe Grund entdeckt in den Beschlüssen "keine guten Nachrichten" für die Beamten: "Wenn niemandem etwas einfällt, geht es an das Personal."

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3 Kommentare

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  • H
    Hafize

    Es war klar, dass die SPD so ein Statement am Anfang der Legelislaturperiode machen würde. Damit haben sie ein Totschlagargument, warum sie dies und das gar nicht bezahlen können. Ob diese Beamten und Angestellten wirklich eingespart werden können, ob das geht und ob das sinnvoll ist, kann der Bürger gar nicht nachvollziehen. Das Ganze könnte auch eine Mogelpackung sein, bei der am Ende im sozialen Bereich gespart wird.

     

    Außerdem sitzen immer noch ehemalige Angestellte des LBK zuhause rum und können nicht beschäftigt werden, weil die Qualifikationen nicht zu den Stellen passen. Letztlich dürfte damit die Möglichkeit für Einsparungen beim Personal durchaus begrenzt sein. Außerdem kann man Beamte nicht entlassen. Wenn Zeitarbeitsfirmen Leute schicken, wird es am Ende sogar viel teurer.

    -> Für mich riecht das ganze nach einer Finte, mit der die SPD den Ball flach halten will.

  • HN
    HANS NIX

    Diese Sparpolitik wäre in Ordnung, wenn es ein gerechtes Steuersystem gibt. Aber das ist nicht der Fall. Im Prinzip bezahlt der einfache Angestellte aus Berne oder der Mechaniker aus Wilhelmsburg aber mehr Steuern gemeßen an seinem Einkommen als ein Millionär aus Alsterdorf, Elbchaussee oder aus Wellingsbüttel. Und damit macht die SPD eine Sparpolitik, die am Ende bei denen ausgebadet wird, die eben immer und überall in Hamburg ihre Steuern bezahlen und die sich nicht drücken können.

     

    Am Ende wird so eine Politik in der Abschwungsphase die Dinge dramatisch schlechter machen, weil der Staat dann Geld und Kaufkraft zurückzieht, wenn sie natürlicherweise schon zurück geht.

     

    Und weder Tschentscher noch Scholz haben viel Ahnung von Ökonomie, Armut oder Arbeitslosigkeit, die legen sich falsche Information falsch zurecht und werden dafür am Ende auch eine Rechnung erhalten. Aber die echte Suppe baden arme und schwache Menschen in Hamburg aus.

     

    Wenn die Stadt per se Geld einspart, gleichzeitig aber politische Zielsetzungen verfolgen will und es ein zutiefst ungerechtes Steuersystem gibt, dann kommt dabei nichts Gutes heraus. Schon die Sparidee an sich, ist eher für Menschen gedacht, die sich Staatsanleihen als Geldanlage kaufen, sie ist nicht aus der Perspektive der einfachen Menschen gedacht. Aber damit wäre die Hamburger SPD ja wieder genau am richtigen, nämlich ganz rechten Platz angekommen.

  • I
    Ines

    Seit ich den Artikel gelesen habe, versuche ich die ganze Zeit, bei der Steuerverwaltung Abteilungen zu finden, in denen Stellen gestrichen werden können. In der Steuerverwaltung fällt mir wirklich keine Möglichkeit ein. Hier fehlt Personal. Demnächst werden die einstellungsstarken Jahrgänge in Pension gehen und es wird eine riesige Lücke geben. Und wenn der Senat Stellen streichen will, warum hat er dann im März beschlossen, die Anzahl der Auszubildenden für 2011 im mittleren Dienst der Steuerverwaltung zu erhöhen? Warum sparen die Politiker nicht zu erst an sich? Die Diäten können ruhig auch mal herabgesetzt werden!