Massenprotest gegen Staudämme in Chile: Stromtrasse durch Schutzzone

Die chilenische Regierung plant fünf Großstaudämme im Süden der Andenrepublik. Dabei sollen riesige Flächen überflutet werden. In Santiago demonstrieren zehntausende Gegner.

Mit Wasser gegen Staudamm-Protestanten: Polizeieinsatz in Santiago. Bild: reuters

BUENOS AIRES taz | In Lateinamerika wächst das Umweltbewusstsein: Chile erlebte vergangenen Freitag eine seiner größten Umweltdemonstrationen. Landesweit waren die Menschen gegen das Großprojekt HidroAysén auf die Straßen gegangen. Allein in der Hauptstadt Santiago zählte die Polizei 30.000 Demonstrierende.

Umweltorganisationen wie die Acción Ecológica ermittelten 50.000 ProtestteilnehmerInnen. Es kam zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, die mit Spezialeinheiten, Wasserwerfern, Schlagstöcken und Tränengas verhinderte, dass die Menschen bis vor den Präsidentenpalast zogen. Bilanz: 67 Festnahmen, zehn verletzte Polizisten und eine unbekannte Zahl verprügelter Demonstranten.

Das umstrittene Projekt HidroAysén sieht den Bau von fünf Staudämmen und Wasserkraftwerken vor. Sie sollen an den Flüssen Baker und Pascua in der patagonischen Region Aysén, rund 1.800 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago, entstehen. Dabei wird eine Fläche von knapp 6.000 Hektar überflutet werden.

HidroAysén soll eine Leistung von 2.750 MW haben und damit 20 Prozent des geschätzten zukünftigen Strombedarfs decken. Es wird von dem spanisch-chilenischen Konsortium Endesa-Colbún gebaut. Die Kosten werden auf 3,2 Milliarden US-Dollar veranschlagt. Ab 2019 soll der erste Strom geliefert werden, 2025 soll das letzte der fünf Kraftwerke ans Netz gehen.

100 Meter breite Stromtrassen

Doch damit nicht genug der Superlative. Der Strom soll einmal über eine eigens dafür gebaute 2.300 Kilometer lange und 100 Meter breite Überlandleitungstrasse die Industrie um die Hauptstadt Santiago versorgen und den riesigen Energiebedarf der Bergbauunternehmen im Norden des Landes decken helfen.

Dies würde weitere 23.000 Hektar Land fordern, auf denen dann alle 400 Meter ein 70 Meter hoher Stromleitungsmast stehen würde.

Die bisher geplante Trassenführung würde gut 90 ökologische Schutzzonen durchschneiden, darunter allein sechs Nationalparks, und soll federführend von dem anglo-Schweizer Unternehmen Xstrata gebaut werden. Kosten 4,3 Milliarden Dollar.

Seit Jahren betreiben Politik und Wirtschaft einen riesigen Propagandaaufwand, um der Bevölkerung das Projekt als unumgänglich zu suggerieren. HidroAysén müsse umgesetzt werden, wenn Chile sein ökonomisches Wirtschaftswachstum von jährlich 6 Prozent beibehalten wolle, heißt es.

Umso erstaunlicher ist es deshalb, dass 61 Prozent dieser Bevölkerung HidroAysén nach einer Umfrage im April ablehnen. Für den 20. Mai ist der nächste Protestmarsch angekündigt.

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