: Die Realität des Islam
Kopftuch, Hip-Hop und Terrorismus: Das „Medienprojekt Wuppertal“ kämpft gegen Stereotypen in deutschen Köpfen. Eine Video-Dokumentation von und über junge Muslime soll aufklären
VON SANDRINA MAHLBERG
Jung und Muslim in Deutschland. Stolz, selbstbewusst und diskriminiert. Noch immer kursieren Stereotypen über Machos, Kopftuchträgerinnen und den Islam in der Gesellschaft. Das „Medienprojekt Wuppertal“ will aufklären. Die Dokumentationsreihe „Jung und Moslem in Deutschland“ zeigt zehn Kurzfilme, in denen junge MuslimInnen über ihren Glauben und ihr Leben in Deutschland sprechen, und die sie zum Teil selbst gedreht haben. Eine bunte Mischung aus falschen Darstellungen des Islam in Deutschland. Im Zuge des Aktionsprogramms „Jugend für Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ wurde das Projekt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Bei der Erstaufführung vergangene Woche in Wuppertal begeisterten die Filme vorwiegend muslimisches Publikum. Immer wieder brandete spontaner Applaus auf. Begeisterungsstürme schwappten durch den Raum, als eine junge Frau über ungerechte Behandlung als Muslima berichtete: „Warum soll eine Frau jungfräulich in die Ehe gehen, während die Männer islamischen Glaubens ihren Trieb ausleben?“. Projekte dieser Art scheinen längst überfällig zu sein. „Die Gesellschaft muss endlich wahrnehmen, dass wir da sind“, sagte eine junge Filmemacherin bei der Podiumsdiskussion danach.
Im Video „Mein Kopftuch gehört dazu“ beschreibt eine Muslima, wie sie bei der Arbeitssuche immer wieder Konflikten und Vorurteilen begegnet: Der Praktikumsplatz war ihr schon sicher – doch das persönliche Gespräch verlief negativ. Grund dafür war ihr Kopftuch. Alle vier porträtierten Mädchen des ersten Kurzfilmes sind sich einig: Muslima tragen das Kopftuch aus religiöser Überzeugung, nicht weil sie dazu gezwungen werden. „In Deutschland muss man sich rechtfertigen. Anders als in der Türkei, wo der Islam an der Tagesordnung ist“, sagt Mona Sleiman, eine verhüllte Türkin. „Es ist eine Art Identifikation mit ihrer Religion“, sagt Jung-Regisseurin Katharina Kops. Doch viele junge Musliminnen trauten sich nicht, das Kopftuch hier zu tragen.
Der Kurzfilm „Konstruierte Wirklichkeiten“ zeigt, wie die Medien ein negatives Bild der Religion transportieren, indem sie den Islam meist mit Terrorismus verknüpfen. Eine Umfrage zeigt die subjektive Wahrnehmung der Gesellschaft. „Islam: Kopftuch, unterdrückte Frauen, Terror.“ Das es Gegenbeispiele gibt, beweist der Film „Ich vermisse gar nichts“. Philip erzählt, warum er mit 19 Jahren vom Christentum zum Islam konvertierte und was ihn an der Religion so begeistert hat. „Als kleiner Junge hatte ich schon viele Fragen über Religion, die mir keiner beantworten konnte“, sagt er. Als Jugendlicher habe er dann Moslems kennengelernt, die ihn mit nach Hause oder zur Moschee genommen haben. Plötzlich konnten seine Fragen beantwortet werden. Der Islam sei eine Religion in der er sich wiederfände.
Die Protagonisten des Videos „Klartext“ leben ihren Frust im Hip-Hop aus. Eine gelungene Inszenierung aus Bildern, Musik und Kommentaren, die auf überzeugende Weise Klischees beseitigt, zum Nachdenken anregt – und zuweilen eine Gänsehaut über den Rücken jagt.