: Verkehrsriese will übernehmen
Große Verkehrsverbände wie der Verkehrsverband Rhein-Ruhr wollen massive Einsparungen zu einer Flurbereinigung nutzen. Nicht alle Verbände seien „leistungsfähig“, klagt auch der Verkehrsminister
VON BARBARA RUPFLINUND ANDREAS WYPUTTA
Die Verkehrsverbände in Nordrhein-Westfalen reagieren gespalten auf die angekündigten massiven Einsparungen im Regional- und Nahverkehr. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), nach eigenen Angaben „der größte Nahverkehrsverband Europas“, gibt sich betont aufgeschlossen. „Der VRR steht Effizienzsteigerungen im Nahverkehr immer positiv gegenüber“, so VRR-Geschäftsführer Klaus Vorgang zur taz. In den Verwaltungen der Verkehrsverbände könne „Bürokratie abgebaut“ werden. Vorteile für die Kunden seien „weniger Schnittstellen, weniger Übergangstarife“, sagt Vorgang – und deutet so indirekt seine Bereitschaft zur Übernahme kleinerer Verbünde wie etwa dem als schlecht organisiert geltenden Nahverkehrs-Zweckverband Niederrhein (NVN) an.
Landesverkehrsminister Oliver Wittke (CDU) hatte angekündigt, die Nahverkehrsverbände zu größerer Sparsamkeit zwingen zu wollen. Nicht alle der landesweit neun Zweckverbünde seien „leistungsfähig“, so Wittke. Für mehr Effizienz und Leistung müsse über eine „Neuaufstellung“ der Organisation des Regional- und Nahverkehrs nachgedacht werden, so der Minister.
Wittke reagiert damit auf die angekündigten Einsparungen der großen Koalition im Bund (taz berichtete): Nach Plänen der Haushaltsexperten von CDU und SPD sollen die so genannten „Regionalisierungsmittel“, mit denen die Länder den Nahverkehr subventionieren, bis 2009 um insgesamt 3,1 Milliarden Euro gekürzt werden. Schon im Koalitionsvertrag von Christ- und Sozialdemokraten waren „Korrekturen bei den Regionalisierungsmitteln“ angekündigt worden.
Die auf Bundesebene angedachten Kürzungen schon für das kommende Jahr seien aber „ausgeschlossen“, betont Wittke – bis 2007 gebe es „verbindliche Rechtsansprüche“ der Länder gegen den Bund. Kürzen will der Minister dagegen ausgerechnet bei den Schülerinnen und Schülern: „Wir finanzieren 240 Schultage im Jahr, obwohl es tatsächlich nur 200 Tage sind.“
Kleinere Verkehrsverbünde wie etwa der Zweckverband Ruhr-Lippe (ZRL) dagegen mauern. In den Verwaltungen der fünf westfälischen Verbünde arbeiteten lediglich 40 Mitarbeiter, betont ZRL-Geschäftsführer Burkhard Bastisch – mit nur einem Drittel des VRR-Personals werde über die Hälfte der Leistung des VRR erbracht. „Wie man bei einer derart geringen Personalstärke nennenswerte Einsparungen erzielen will, ist mir völlig unklar“, so Bastisch. „Hier geht es doch um absolute Peanuts.“ Große Zweckverbände wie der VRR oder der Verkehrsverbund Rhein-Sieg seien unflexibel und damit wettbewerbsfeindlich: „Denen sind wir zehn Jahre voraus.“
Nötig sei aber zumindest die Vereinheitlichung des Tarifsysteme und Einsparungen durch einen gemeinsamen Einkauf, meint dagegen Werner Reh, verkehrspolitischer Sprecher des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in NRW. Die für 2006 angestrebten Kürzungen in Höhe von rund 55 Millionen Euro seien durch verbesserte Planungen bei Neuinvestitionen „problemlos einsparbar“, sagt Reh. Einen landesweiten Zweckverband lehnt der Verkehrsexperte aber ab: „Ein solcher Mega-Verband wäre einfach nicht nah genug an den Wünschen der Kunden.“