LESERINNENBRIEFE :
Nicht gerechtfertigte Einsätze
■ betr.: „Drohnen für alle“, taz vom 18. 2. 13
Ulrike Winkelmann weist völlig zu Recht auf die Gefahr hin, dass die angeblich so nützlichen Kampfdrohnen in falsche Hände geraten könnten. Vor allem, da unser Verteidigungsminister bereits angedeutet hat, auch Waffensysteme nach Mali zu liefern, um die dortigen Truppen entsprechend einsatzfähig zu machen.
Die ungewöhnliche Eile, die Herr de Maizière an den Tag legt, um noch vor der Bundestagswahl den Ankauf von Kampfdrohnen in die Wege zu leiten, lässt daher eher daran denken, dass er den Rüstungskonzernen Hilfestellung leistet, damit diese ihre stagnierenden Geschäfte auf dem nationalen Markt und in der EU kompensieren können; genügend Forschungsgelder wurden dafür ja zur Verfügung gestellt. Daher stehen die deutschen Konzerne bereits seit Längerem bereit, wie sie auch derzeit auf der Waffenmesse „Idex“ in Abu Dhabi demonstrieren.
Der „war on terrorism“ kann jedoch den Einsatz von Kampfdrohnen nicht rechtfertigen, schließlich geschehen solche Angriffe im rechtsfreien Raum; gezielte Tötungen von vermeintlichen Terroristen gleichen „einem Todesurteil ohne Gerichtsverfahren“, so der Rechtsexperte Wolfgang Neskovic. Dagegen steht Artikel 10 aus der Erklärung der Menschenrechte von 1948: „Jede Person hat bei der Feststellung ihrer Rechte und Pflichten sowie bei einer gegen sie erhobenen strafrechtlichen Beschuldigung in voller Gleichheit Anspruch auf ein gerechtes und öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht.“
HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel
Viel zerstört, noch nichts gebaut
■ betr.: „Bahn und Ba-Wü verhakeln sich“, taz vom 20. 2. 13
Bei den explodierenden Kosten für Stuttgart 21 sollte man nicht aus dem Auge verlieren, dass die Milliarden (die anderswo fehlen) nur ein Aspekt sind. Wesentliche Teile des Projekts sind nicht planfestgestellt, es gibt kein funktionierendes Brandschutzkonzept und keinen Notfallplan. Die Risiken für das Mineralwasser durch die Tunnelbohrarbeiten kann niemand mit Sicherheit ausschließen. Was aufquellender Gipskeuper an Häusern anrichtet, können wir in Staufen im Breisgau besichtigen.
Was aber schon allein genügen würde, um S21 sofort zu stoppen: Der bestehende Kopfbahnhof kann heute schon mehr Züge abfertigen, als es der Tiefbahnhof je können wird. Das wurde von Dr. Engelhardt in der Analyse des Stresstests exakt nachgewiesen: http://www.wikireal.info/wiki/Stuttgart_21/Leistung. Der jetzige Bahnhof kann für einen Bruchteil der Kosten von S21 renoviert werden. Die nur acht Gleise des unterirdischen S21-Bahnhofs wären nie mehr erweiterbar. Dabei ist jedem klar, dass wir einen leistungsfähigen Schienenverkehr dringend brauchen, um dem Verkehrskollaps auf den Straßen zu entgehen.
In Stuttgart wurde schon viel zerstört, aber noch nichts gebaut. Die Verpflichtung der Politiker gegenüber dem Volk, nämlich „Schaden von ihm zu wenden“, kann noch eingelöst werden.
SUSANNE GLAUBITZ, Freiburg
Wo ist das Problem?
■ betr.: „Pippi Langstrumpf erzählt vom Kolonialismus“,taz vom 20. 2. 13
Unabhängig davon, dass ich sehr dafür bin, das N-Wort zu ersetzen durch einen zeitgemäßen Begriff – ich sage extra zeitgemäß, weil ich von verschiedenen Seiten gehört habe, man soll auch nicht mehr „Schwarzer“ sagen, sondern „Farbiger“ –, frage ich mich, wie man mit Sharon Dodua Otoo überhaupt weiterdiskutieren könnte, wenn sie die Geschichten von Pippi Langstrumpf als Rassismus bezeichnet, wie zu Anfang ihres Interviews. So eine Aussage ist doch an Absurdität und Hysterie nicht zu überbieten. Und am Ende sagt sie: „Es wäre schön, wenn es Bücher gäbe, in denen schwarze Kinder ganz selbstverständlich vorkommen.“ Sie hat offensichtlich nicht realisiert, dass es dafür ein Paradebeispiel gibt, nämlich: Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer. Dort erleben der weiße Lukas und der schwarze Jim zusammen ganz selbstverständlich zusammen schöne Abenteuer. Du meine Güte! Wo ist denn das Problem?
PLAZIDUS WEICKERT, Erlangen
Dann blieben nur Schnipsel
■ betr.: „Pippi Langstrumpf erzählt vom Kolonialismus“,taz vom 20. 2. 13
Die britische Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo hat einerseits recht: So, wie von ihr gelesen, ist die Feststellung, dass Pipi Langstrumpfs Vater „jetzt König“ sei, kürzeste Zusammenfassung des Kolonialismus. Andererseits verwechselt sie das mythologische / märchenhafte /erzählerisch glänzende und unaufhebbare Motiv des Königs eines fernen Landes / des fernen Vaters / mit der historischen Realität, von der im Text nicht die Rede ist.
Wir werden die Kinderbücher neu übersetzen. Gern. Wie wir Shakespeare neu übersetzen, das heißt lesen und immer und immer wieder neu auf die Bühne stellen. Wir werden Neues erzählen, heute. Logo! Wir werden parallel zu den an heutigen Sprachgebrauch angepassten historisch-kritische Kinderbuch-Ausgaben machen. Müssen! Wir werden aber nie und nimmer die Findungen der Poesie, die Setzungen der Mythologie, diesen Schatz an Schönheit durch eine Orwell-Maschinerie jagen. Dann blieben nur Schnipsel. Und unsere Kinder würden Erben zerschnipselter Narrative vom Menschen. UWE KOLBE, Berlin