Kommentar Kommunalwahlen in Italien: Berlusconi verliert den Rückhalt

Nach der deftigen Niederlage steht Berlusconi wirklich mit dem Rücken zur Wand, diesmal droht ihm ernsthaft das politische Aus. Denn das Volk steht nicht mehr hinter ihm.

Schwerer hätte die Niederlage für Silvio Berlusconi bei den Kommunalwahlen nicht ausfallen können. Hart trifft ihn, dass Mailand und Neapel, aber auch traditionell rechte Städte wie Cagliari und Triest an die Linke gingen. Doch noch übler für Silvio ist die Tatsache, dass seine Opponenten praktisch überall wahre Erdrutschsiege einfuhren.

Selbst seine treuesten und servilsten Paladine reden die Lage nicht mehr schön. Diesmal steht Berlusconi wirklich mit dem Rücken zur Wand, diesmal droht ihm ernsthaft das politische Aus. Seine Skandale, seine Prozesse, seine - darf man den Oppositionsparteien glauben - erfolgreichen Bemühungen, sich auch per Stimmenkauf die Mehrheit im Parlament zu sichern, kann er nun nicht mehr mit dem Hinweis vom Tisch wischen, er habe "das Volk" auf seiner Seite.

"Das Volk" fiel diesmal nicht mehr auf einen Wahlkampf herein, der zur einen Hälfte aus Hetze gegen Muslime, Schwule, "Kommunisten" oder "Zigeuner", zur anderen aus populistischen Versprechen der billigsten Sorte bestand. Selbst die konservativen Wähler der christdemokratischen Zentrumsunion und der neuen rechten Kleinpartei des Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Gianfranco Fini, stimmten in Mailand und anderswo für stramm linke Kandidaten, nach dem Motto: Weg mit Berlusconi!

MICHAEL BRAUN ist Italienkorrespondent der taz.

Diese neue Einheit einer breit gefächerten Opposition ist die große Chance für die Linke. Nun ist es an ihr, die Gelegenheit zu nutzen. Dabei steht sie vor dem altbekannten Dilemma: Nur im breiten Bündnis von ganz links bis weit rechts ist Berlusconi zu schlagen - mit einem solchen Bündnis ist aber an der Regierung kaum Staat zu machen, wie das Scheitern der Koalition unter Romano Prodi im Jahr 2008, nach 18 Monaten Regierungszeit, zeigte.

Aus dieser Falle führt nur ein Weg: die Schaffung einer taktischen Allianz, die sich darauf beschränkt, Berlusconi abzulösen, das Wahlgesetz zu ändern, und Italien den Übergang zu politischer Normalität ermöglicht.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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