Kommentar Schäuble und Griechenland: Blechen oder Eurobonds

Es gibt eine Lösung, um Chaos in Europa zu verhindern: Bei einem Eurobond können Anleger die nationalen Staatsanleihen nicht mehr unterscheiden. Eine Finanzflucht wäre verhindert.

Es ist schlicht: Wer Griechenland hilft, der hilft den Banken. Sie besitzen die Staatsanleihen, die die Griechen nicht bedienen können. Daher wirkt so einleuchtend, was Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) fordert: Bei einem zweiten Rettungspaket sollen sich die Banken "substanziell" beteiligen.

Das klingt kernig, doch sind die Konsequenzen nicht klar. In Schäubles Brief an seine europäischen Kollegen wird nur deutlich, dass er sich einen Zahlungsaufschub von sieben Jahren vorstellt.

Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass ein Zahlungsaufschub niemals reicht. Griechenland ist ernsthaft pleite, nicht eingebildet bankrott. In vollem Umfang können die Griechen ihre Schulden auch in sieben Jahren nicht bedienen. Zumal das Hauptproblem bei Schäuble nicht vorkommt: Die Griechen sind nicht einmal mehr fähig, die Zinsen für ihre Kredite zu zahlen.

Aber was wäre die Alternative? Zunächst einmal muss verstanden werden, dass es ohne einen drastischen Schuldenerlass nicht gehen wird. Dafür gibt es diverse Modelle, aber sie alle laufen auf einen Rabatt von real etwa 50 Prozent hinaus.

Zurück bleibt ein Problem, das biologistisch gern "Ansteckungsgefahr" genannt wird. Wenn die Banken und Investoren diese 50-prozentige Abschreibung allein tragen sollen, dann könnten sie aus allen Papieren fliehen, die sie als riskant einstufen - italienische oder belgische Staatsanleihen inklusive. Europaweites Chaos wäre programmiert.

Dafür gäbe es allerdings eine Lösung: den Eurobond. Wenn Anleger nicht unterscheiden könnten, ob sie italienische oder deutsche Staatsanleihen kaufen, dann wäre Flucht unmöglich. Die deutschen Steuerzahler haben also die Wahl: Entweder akzeptieren sie Eurobonds - oder sie zahlen für die Pleitestaaten allein, während sich die Banken höchstens kosmetisch beteiligen. Bisher gibt es keine Mehrheit für den Eurobond. Das weiß auch Schäuble.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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