Menschenrechtsprozess in Argentinien: Durch Tod dem Recht entflohen
Einer der Hauptverdächtigen im Fall der Ermordung der Deutschen Elisabeth Käsemann ist gestorben. Die Studentin war 1977 in Argentinien getötet worden.
BUENOS AIRES taz | Einer der wichtigsten Angeklagten im Prozess um den Mord an der deutschen Studentin Elisabeth Käsemann ist tot. Wie die argentinische Justiz am Mittwoch bekannt gab, starb der ehemaligen Militäroberst Pedro Durán Sáenz (76) an den Folgen einer chronischen Lungenkrankheit. Ihm wurde mehrfacher Mord und gewaltsame Entführung vorgeworfen, darunter die Ermordung der deutschen Studentin Elisabeth Käsemann im Mai 1977. In dem laufenden Gerichtsverfahren tritt Deutschland als Nebenkläger aut.
Pedro Durán Sáenz war Kommandant des geheimen Gefangenenlager "El Vesubio" in einem Vorort von Buenos Aires. Gegen ihn hatte Deutschland nach Ermittlungen der Nürnberger Justiz einen Auslieferungsantrag gestellt, der allerdings abgelehnt wurde. "Das zeigt wie schwierig es in diesen Prozesse ist, Gerechtigkeit zu erwirken, denn Durán Sáenz starb ohne Verurteilung und in Freiheit," sagte der zuständige Staatsanwalt Félix Crous.
In dem Prozess stehen sieben weitere ehemalige Militärs wegen Verbrechen während der argentinischen Militärdiktatur (1976-1983) vor Gericht. Die Angeklagten müssen sich wegen mehrfachen Mordes und gewaltsamer Entführung in mehr als 100 Fällen verantworten. Sie waren in dem Gefangenenlager "El Vesubio" tätig oder für die Geschehnisse darin verantwortlich.
Dort wurde auch die Tochter des Tübinger Theologen Ernst Käsemann gefangen gehalten. Elisabeth Käsemann war in den 70er Jahren nach Argentinien gegangen, wo sie sich in linken Sozialprojekten engagierte. Nach dem Militärputsch 1976 half sie Verfolgten, außer Landes zu kommen.
Anfang März 1977 wurde sie verhaftet und Ende Mai im Alter von 30 Jahren getötet. Die Militärs sprachen von einem Feuergefecht. Spätere gerichtsmedizinische Untersuchungen in Deutschland belegten aber, dass Käsemann durch Schüsse aus unmittelbarer Nähe in Nacken und Rücken ermordet worden war. In Argentinien sind Prozesse wegen der Verbrechen der Diktatur erst seit der Aufhebung der Amnestiegesetze vor wenigen Jahren möglich. Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Annullierung im Juni 2005.
Leser*innenkommentare
jvz
Gast
Die Verurteilung der Militaerverbrecher hatte sich in allen betroffenen Nationen Lateinamerikas verzoegert: Meist musste man Jahre lang fuer eine innerpolitische Wendung der Kraefteverhaeltnisse warten. Die Ablenkung der USA mit Konzentration auf den Nahen Osten hat dann dazu beigetragen dass demokratische Parteien, hier und dort, die von den rechts-konservativen Parteien errichteten Amnestiegesetze als ungesetzlich erklaeren konnte. In Argentinien und Chile hat man seitdem viele Militaerverbrecher verurteilen koennen. In Brasilien und Uruguay, wo die Anzahl der Vergehen weit geringer waren, moechten alle politische Interessen heute besser eine nationale Einheit fuer eine von USA und NATO-Europa, unabhaengige Wirtschaftsentwicklung und geopolitische Rolle.