Urteil des Kieler Landesarbeitsgerichts: Heirat ist kein Sicherheitsrisiko

Kündigung durch einen Rüstungsbetrieb wegen Erpressbarkeit rechtsunwirksam. Gericht sieht Verletzung des Grundrechts auf Schutz der Ehe.

Foto aus glücklichen Tagen: Maik Blase und seine Frau Aiwu bei ihrer Hochzeit. Bild: privat

HAMBURG taz | Die Heirat mit einer Chinesin rechtfertigt nicht die Entlassung durch einen Rüstungsbetrieb. Das hat das schleswig-holsteinische Landesarbeitsgericht (LAG) in Kiel entschieden und damit ein Urteil des Arbeitsgerichtes Elmshorn aufgehoben. Die Rellinger Firma Autoflug hatte dem Ingenieur Maik Blase im März 2010 gekündigt, nachdem Blase seine langjährige chinesische Freundin Aiwu geheiratet hatte. Damit stelle er ein Sicherheitsrisiko dar, argumentierte der Luftwaffenzulieferer.

Obwohl das LAG die Kündigung für unwirksam erklärte, wird Blase bei Autoflug nicht wieder arbeiten. "Meinem Mandanten ist eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten", sagt der Hamburger Arbeitsrechtsanwalt Klaus Bertelsmann. Das LAG sprach Blase eine Abfindung von 28.000 Euro zu.

Blase war seit Juni 2006 als Leiharbeiter bei Autoflug in der Musterprüfleitstelle für Schleudersitze beschäftigt. Seit 2007 war im Betrieb bekannt, dass Blase seinen Urlaub bei seiner Freundin Aiwu und deren Tochter in China verbrachte. Mehrmals hatte er vor seinen Hongkong-Flügen die Sicherheitsbeauftragte gefragt, ob es Bedenken gegen seine China-Reisen gebe. "Sie wünschte mir sogar einen schönen Urlaub", erinnert sich Blase.

Ende 2009 machte Autoflug dem 48-Jährigen das Angebot, ihn fest anzustellen. Blase machte darauf aufmerksam, dass er den festen Job erst im Februar 2010 antreten könne, da er über Weihnachten heiraten werde.

Einen Monat, nachdem er den festen Autoflug-Job angetreten hatte, wurde er plötzlich vom Dienst suspendiert: Wegen der Heirat sei er ein Sicherheitsrisiko. Die Volksrepublik China könnte ihn zur Spionage zwingen - mit der Drohung, seine Frau und deren Tochter in China zu entführen. Das hatte der schleswig-holsteinische Verfassungsschutz kurz zuvor einigen Autoflug-Managern auf einem Sicherheitsseminar eingeredet. Blase wurde gekündigt. "Die Kündigung stellte einen Verstoß gegen Treu und Glauben und gegen die im Grundgesetz geschützte Ehe dar", argumentierte Bertelsmann vor Gericht.

"Das ist ein Stück Gerechtigkeit", sagt auch Uwe Zabel von der IG Metall Unterelbe. "Wir hoffen, dass alle Arbeitgeber daraus lernen, derartige Kündigungen künftig zu unterlassen", sagt der Gewerkschafter.

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