Ex-Grünen-Ministerin Andrea Fischer: "Pharma ist nicht nur böse"

Sie war die erste Bundesministerin der Grünen - und scheiterte. Mit Rathauspolitik will Andrea Fischer nun von vorn anfangen.

Andrea Fischer versucht's noch mal: mit Rathauspolitik. Bild: reuters

BERLIN taz | Die erste Grünen in einem Bundeskabinett, das waren Joschka Fischer, Jürgen Trittin - und Andrea Fischer. 1998 trat sie im Gesundheitsministerium an. "Ich war jung, eine Frau, ich hatte mit Gesundheit vorher nichts zu tun, war auch noch Ökonomin", sagt sie heute im sonntaz-Gespräch. "Da haben alle das Schlimmste vermutet." Ihre Gesundheitsreform scheiterte, wegen der BSE-Krise trat sie 2001 zurück und saß nur noch als einfache Abgeordnete im Parlament. "Manchmal muss man als Ministerin Verantwortung übernehmen für etwas, wo man sich gar nichts vorzuwerfen hat. So funktioniert Politik", sagt Fischer.

2002 verwehrte ihr die Grünen-Basis von Berlin auch noch einen sicheren Platz auf der Landesliste für die Bundestagswahl. Das habe sie verletzt, sagt sie heute.

Fast zehn Jahre später möchte sie in die Politik zurück. Im September will sie zur Bürgermeisterin im Bezirk Berlin-Mitte gewählt werden. Die Grünen hätten eine bekannte Bewerberin gesucht, sagt sie. "Als ich die Bezirksgruppe dann traf, habe ich gemerkt, das ist eine spannende, vielfältige Gruppe, die moderne Großstadtpolitik machen will. Die gehen gut miteinander um, auch wenn sie streiten. Ich hatte das Gefühl, hier kann ich wieder Politik machen. Ich hatte Vertrauen."

Zu dem Bezirk mit 333.172 Einwohnern zählen nicht nur die historische Mitte mit Brandenburger Tor und Regierungsviertel, sondern auch die ärmeren Viertel Wedding und Tiergarten. Fischer will trotz miserabler Haushaltslage Spielräume nutzen, die Besserverdienenden als Unterstützer gewinnen, das Eigenengagement der BürgerInnen fördern. Auch wenn sie es nicht schafft, den Amtsinhaber Christian Hanke von der SPD abzulösen, will sie im Bezirksparlament sitzen.

Bisher arbeitet Fischer als Beraterin - auch für die Pharmaindustrie. Das habe sie erst Jahre nach ihrer Zeit als Gesundheitsministerin angefangen, rechtfertigt sie sich. Und: "Im Gegensatz zu vielen Menschen auf der Welt halte ich die Pharmaindustrie nicht für Bösewichte. Sondern für Leute, mit denen zuarbeiten sinnvoll ist. Weil sie Medikamente machen, die viele von uns brauchen. Und weil sie Beratungsbedarf haben dazu, wie sie sich in einem Gesundheitssystem, wie wir es wollen, richtig verhalten."

Im sonntaz-Gespräch erklärt Andrea Fischer, was sie wieder in die Politik zieht, spricht über Joggen, Müllschlucker und Krimis - und warum sie Gott auf lange Sicht doch besser fand als Marx.

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