Demos gegen Nazis: Neuruppin will Nazis vertreiben

Mehrere 100 Neuruppiner wollen Brandenburgs größten Nazi-Aufmarsch verhindern. Unterstützung kommt auch von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD).

Wenn es um Nazis geht, kann der nette Herr Thierse ganz schön sauer werden. Bild: DPA

Scheuern, Schränke wieder einräumen, Schmierereien wegschrubben: Im selbstverwalteten Jugendclub der "Falken" in Rheinsberg (Ostprignitz-Ruppin) war am Freitag "antifaschistisches Aufräumen" angesagt. Vor zwei Wochen hatten mutmaßlich Neonazis die Einrichtung des sozialistischen Jugendverbands verwüstet und beschmiert - in derselben Nacht wurde in Neukölln ein "Falken"-Jugendclub angezündet. "Linke raus", stand in Rheinsberg an den Wänden. Und: "187 Neuruppin". 187, ein Zahlencode für Mord.

"Der Zusammenhang zum Nazi-Aufmarsch in Neuruppin offensichtlich", sagt Steffen Wolke von den "Falken". In der 30 Kilometer entfernten Stadt wollen an diesem Samstag wieder Neonazis demonstrieren, die Veranstaltung ist Brandenburgs größter rechter Aufmarsch. Rheinsbergs Bürgermeister Jan-Pieter Rau (CDU) mochte die Tat dennoch nicht als rechtsextrem einordnen. Man müsse die Ermittlungen abwarten. Wolke schüttelt den Kopf. "Eindeutiger gehts doch gar nicht." Er jedenfalls werde jetzt erst recht mit einem Dutzend Falken-Mitgliedern nach Neuruppin fahren, um sich den Nazis entgegenzustellen.

Seit Wochen mobilisiert dort ein Aktionsbündnis zum Gegenprotest. Unternehmer drucken Postkarten, Kirchenmitglieder pinseln Transparente. Man solle "Töpfe, Pfannen und alles, was laut ist", mitbringen, um "Krach gegen die Nazis zu schlagen", appelliert Bürgermeister Jens-Peter Golde (Pro Ruppin). Apotheker wollen gratis Ohrstöpsel verteilen. Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) ruft zum Protest auf.

Seit 2007 marschiert die Szene in der Fontanestadt auf, im letzten Jahr kamen 300 Neonazis - auch aus Berlin, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen. "Die müssen Leute von außen rankarren, weil sie hier kaum noch jemanden haben", ist Wolfgang Freese vom Aktionsbündnis überzeugt. In den Neunzigern habe Neuruppin eine breite rechte Szene gehabt, heute brächten es die "Freien Kräfte" auf gerade mal rund zehn Mitglieder. NPD und DVU seien zu Wahlen zuletzt gar nicht mehr angetreten. "Ihnen steht längst eine bunte Gegenkultur gegenüber", so Freese. Am Samstag wolle man den Nazis den Aufenthalt derart vergällen, dass sie kein weiteres Mal wiederkämen.

Auch Steffen Wolke und die "Falken" werden dabei behilflich sein. "Wenn wir die Straße vollkriegen, werden die Nazis keinen Schritt machen."

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