Bundesregierung will an E10 festhalten: Kritik an Mineralölbranche nimmt zu
Im Streit um E10 wächst die Kritik an der Mineralölbranche. Dieser wird vorgeworfen, sie nutze den Treibstoff als Ausrede, um die Preise zu erhöhen.
PASSAU/MÜNCHEN afp | In der Debatte um E10 hat das Bundesumweltministerium Forderungen nach einer neuen Agrotreibstoff-Strategie zurückgewiesen. "Die Bundesregierung hält an E10 fest", sagte die parlamentarische Staatssekretärin im Ministerium, Katherina Reiche (CDU), der Passauer Neuen Presse vom Mittwoch.
E10 sei ein Beitrag, die Vorgaben der Europäischen Union (EU) für Klimaschutz im Verkehrssektor zu erfüllen, verteidigte Reiche den Kraftstoff. Die Mineralölkonzerne kritisiert sie: Deren Ankündigung, auf möglicherweise drohende EU-Strafzahlungen wegen eines zu geringen E10-Absatzes mit Preiserhöhungen zu reagieren, sei "unseriös und ohne sachliche Grundlage". "E10 darf nicht als Feigenblatt für lange geplante Preiserhöhungsschritte genutzt werden", sagte Reiche der Zeitung.
Laut Automobilclub ADAC legten die Kraftstoffpreise in der vergangenen Woche wieder deutlich zu. Ein Liter E10 kostete demnach im Schnitt mit 1,522 Euro 2,6 Cent mehr als in der Woche zuvor. Auch die Dieselpreise stiegen demnach wieder an, um 3,1 Cent auf 1,411 Euro.
Dass trotz der ingesamt hohen Spritpreise viele Autofahrer statt E10 lieber teureres herkömmliches Super-Benzin oder das noch teurere Superplus tankten, liegt nach Auffassung von ADAC-Präsident Peter Meyer in der Verantwortung der Mineralölkonzerne. "Hätten die Ölmultis ihre Hausaufgaben erledigt und E10 mit dem gleichen Engagement vermarktet wie ihre teuren Edelkraftstoffe, wäre der neue Kraftstoff sicher viel besser angenommen worden", sagte Meyer den Ruhr Nachrichten.
Die umweltpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Linken, Eva Bulling-Schröter, erklärte, die Bundesregierung habe mit der Einführung von E10 einen "faulen Deal" mit der Automobil-Industrie geschlossen, "den die Verbraucher nun an der Tankstelle ausbaden müssen". Statt für verbrauchsärmere Fahrzeuge habe sich Schwarz-Gelb für den "ökologisch und sozial problematischen Agrokraftstoff" eingesetzt.
Rund 90 Prozent der Fahrzeuge mit Otto-Motor auf Deutschlands Straßen können E10 tanken. Der Rest verträgt den Sprit aufgrund seiner hohen Ethanol-Beimischung nicht. Außerdem ist der Treibstoff umstritten, weil zur Herstellung von Agrodiesel Lebensmittel-Rohstoffe wie Mais, Weizen, Zuckerrohr und Zuckerrüben verwendet werden.
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