Kommentar Wiesenhof: Brutalität zahlt sich aus

Der Geflügelproduzent PHW/Wiesenhof hat einen neuen Skandal. Prompt versprechen sie Besserung. Das funktioniert aber nur, wenn sich das System ändert.

Vollmundig hat Deutschlands größter Geflügelproduzent PHW/Wiesenhof "Konsequenzen" aus seinem neuesten Tierquälereiskandal versprochen. Zu groß ist der Imageschaden durch TV-Bilder, auf denen Wiesenhof-Männer Puten mit den Füßen treten und auf Lastwagen werfen. Aber Wiesenhofs Konsequenzen werden weitere Leiden von Zuchttieren kaum verhindern.

Zwar will der Konzern nun dafür sorgen, dass keiner der Tierquäler mehr in seinen Betrieben arbeitet. Doch diese Mitarbeiter sind nur ein kleiner Teil eines System, dem der Respekt vor Tieren fehlt. Auch wenn Wiesenhof jetzt ein paar Rädchen gegen andere austauscht: Die Maschine wird weiter laufen. Und für sie sind Tiere nur Produktions- und vor allem Kostenfaktoren. Genau diese Haltung ist der Grund für die Fehlentwicklungen in der modernen Massentierhaltung.

Wenn die Branche ihre Grundeinstellung zu Tieren ändern will, dann muss sie ihre Methoden reformieren. Sie muss auf hochgezüchtete Rassen verzichten, deren Brustmuskelfleisch so schnell wächst, dass das Skelett das Gewicht nicht tragen kann - was den Tieren ständig Schmerzen bereitet. Wiesenhof, Emsland Frischgeflügel und die anderen Agrarkonzerne müssen ihren Tieren endlich mehr Platz in den Ställen und Auslauf ins Freie einräumen. Die Enge in heutigen Tierfabriken setzt die Vögel unter Stress, sodass sie sich gegenseitig durch Picken verletzen.

Doch von solchen Reformen sind die Firmen weit entfernt, denn sie würden Geld kosten und Konkurrenten mit niedrigeren Tierschutzstandards nützen. Deshalb muss die Politik allen Unternehmen gleichzeitig strengere Regeln auferlegen. Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) und ihr niedersächsischer Amtskollege Gert Lindemann (CDU) haben zwar angekündigt, sich für mehr Tierschutz einzusetzen. Diese Pläne klangen gut - aber bisher blieben sie genauso folgenlos wie die Versprechen der Agrarkonzerne.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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