IG-Metall Vize Wetzel über die Eurokrise: "Der Bankensektor schwankt"
Der Staat hat in der Krise versagt, sagt Detlef Wetzel, Vize der IG Metall. Er fordert einen Marshallplan für Griechenland und eine Verlängerung der Kurzarbeiterregelung.

In Amerika demonstrieren die Menschen gegen die Macht der Wall Street. In Frankfurt am Main bleibt der Protest bisher aus. Bild: dpa
taz: Herr Wetzel, die Gewerkschaften haben letzte Woche mit Anzeigen bei den Parlamentariern für Zustimmung zum Rettungsschirm EFSF geworben. Sonst hört man in der Eurokrise wenig von Ihnen. Fehlen Ihnen die Konzepte?
Detlef Wetzel: Nein, wir haben immer gesagt, dass wir keine Alternative zum Euro sehen. Und wir sagen, es gibt einen Machtkampf zwischen der Finanzoligarchie und dem demokratischen Staat. Und der demokratische Staat hat es leider versäumt, eine wirksame Regulierung der Finanzmärkte anzupacken, etwa durch eine Finanztransaktionssteuer.
Trotzdem: Wenn es diesen Machtkampf gibt, müssten sie dann nicht stärkeren politischen Druck entwickeln?
DETLEF WETZEL

Foto: privat
Der 58-jährige Werkzeugmacher und Sozialarbeiter ist seit November 2007 der zweite Vorsitzende der IG Metall, zuständig für Mitglieder, Kampagnen, Mitbestimmung.
Seit einigen Wochen klären wir auf Betriebsversammlungen über die Ursachen der Krise auf, denn die Menschen sind extrem verunsichert. Und die Ursachen sind sicher nicht, dass der Spanier oder Portugiese über seine Verhältnisse gelebt hat. Schuld sind die Wachstumsverluste dieser Länder und die enormen Schulden, die aufgenommen wurden, um die Banken zu retten und Konjunkturpakete anzuschieben.
Sind die Gewerkschaften mit Schuld am Ungleichgewicht in Europa, weil sie keine höheren Löhne erstritten haben?
Gesamtwirtschaftlich betrachtet hat es in der Bundesrepublik in den letzten Jahren einen Reallohnverlust gegeben. Aber die exportorientierten Branchen in der Metall- und Chemieindustrie haben weit überdurchschnittliche Lohn- und Gehaltsabschlüsse erzielt. Die sinkende Lohnquote ist entstanden durch die radikale und brutale Ausweitung des Niedriglohnsektors, der bereits 22 Prozent der Arbeitsverhältnisse ausmacht. Die Politik hat diesem Missbrauch der Arbeitsverhältnisse Tür und Tor geöffnet. Sie ist in der Verantwortung.
Welche Rezepte haben Sie, um auf die Eurokrise zu reagieren?
Wir müssen in Deutschland dringend den Binnenmarkt stärken. Das würde automatisch auch die Defizite von anderen Ländern reduzieren. Zweitens muss Griechenland durch eine Art Marshallplan in die Lage versetzt werden, ein Teilnehmer am wirtschaftlichen Geschehen zu werden. Nur durch Sparen allein werden Griechenland oder Portugal nie aus der Krise herauskommen.
Sie fordern ein Mehr an Europa. Für die EU-Kommission heißt das aber laut Euro-Plus-Pakt die Deckelung zu rasch steigender Löhne, niedrige Abschlüsse im öffentlichen Dienst oder die Anhebung des Rentenalters.
Wir brauchen eine Demokratisierung von Europa. Das europäische Parlament braucht mehr Rechte und die europäischen Verträge müssen geändert werden: Es darf nicht mehr möglich sein, dass jedes Land mit einem Veto alles blockieren kann.
In den USA demonstrieren die Menschen derzeit gegen die Macht der Wall Street - wann wird Ihre Gewerkschaft zu Protesten vor der Frankfurter Börse aufrufen?
Wenn die Zeit dafür gekommen ist. Wir haben in Deutschland derzeit diese Bewegung nicht, sie lässt sich auch nicht künstlich initiieren. Solange zum Beispiel die Griechen und Spanier zu Schuldigen gemacht werden und zugleich die Verantwortung der Banken nicht klar benannt wird, ist es schwierig, mit einer anderen Deutung in die mediale Welt zu kommen. Viele alte Damen und Herren, die die letzte Krise nicht erklären konnten, werden ja trotzdem immer wieder zur Deutung von Krisensymptomen herangezogen.
Aber im Moment geht es der deutschen Wirtschaft doch gut?
Noch ist die wirtschaftliche Lage stabil, aber der Bankensektor wankt schon wieder. Wenn das schlimmer wird, ist die Bundesregierung aufgefordert, Arbeitnehmer und Unternehmen vor den Folgen zu schützen. Es ist unverantwortlich, dass sie die Kurzarbeiterregelung Ende des Jahres auslaufen lässt, statt sie auf Standby zu belassen.
Leser*innenkommentare
gregorius
Gast
Detlef Wetzel sollte sich einmal
die Meinung von Herrn Prof. Hankel in
der taz einmal genau zu Gemüte führen.
Das Krisenmanagement von 5 bis eventuell 6 Institutionen im Lösungsprozess
der Griechenlandfrage war beschämend schlecht,
obwohl die alle über erstklassige
Hochschulabsolventen verfügen!!!!!!
Also was sind solche Hochschulbenotungen Wert?
Zuerst die EZB unter Trichet, die Staatsanleihen
maroder Staaten aufkaufte und damit
die Geldwertstabilität gefährdet und
sich sich von der verpflichtenden
politischen Unabhängigkeit verabschiedet hat.
Zweitens die griechische Regierung, die
plump Statistiken fälschte, keine
Steuern einzutreiben vermag und keine
neuen Investitionen ins Land zu holen vermochte
und fast keine Korruptionsbekämpfung
praktizierte.
Drittens die EU, weil Sie die idiotische
Idee der "Rettungsschirme" erfand, die nichts
weiter als abholbares Geld für Spekulanten sind!!!
Wie dumm sind diese Verrückten?!!!!!!!!!!
Viertens die Bundesregierung, die für Staaten
ohne gesetzliche Grundlage zu haften anfängt!!!!
Hier wäre wenigstens ein Volksentscheid angemessen!!
Und weil Sie statt die Banken mit 50 Mrd € zu stützen, Bürgschaften für Griechenland
im Wert von mehreren 100Mrd. € einging.
Sie hat nicht auf ihre eigenen Volkswirtschaftler
gehört und muß sich von der Finanzindustrie
die Rettungsstrategien entwerfen lassen!!!!!!!!
Geht nach Hause, wenn Ihr nicht mitreden könnt!
Fünftens die Banken, das ist kein Kapitalismus
mehr, wenn die Banken hirnrissige Ausfallrisiken
praktizieren und stets auf ihre Rettung
spekulieren. Das ist parasitäre Erpressung
von multinationalen Managereliten, die
keine Verantwortung für die Heimatvolkswirtschaft
dieser Länder übernehmen.
In Zukunft sollte kein Nicht-Deutscher mehr
das Management der Deutschen Bank o.a.
deutscher Kreditinstitute übernehmen.
Ruiniert einer dieser Schweinegurus diese Bank
ruiniert er höchstwahrscheinlich auch
die deutsche Realwirtschaft gleich mit.
Alle Kreditinstitute müssen ab einen
Kapitalvolumen von 3 Mrd. € gesplittet werden
in mindestens zwei unabhängige deutsche Banken.
Sechstens, die rotzdämlichen Gewerkschaften,
ihr könnt überhaupt nicht das volkswirtschaftliche
Mißmanagement der EU, der EZB, und der Nationalstaaten einschätzen.
Die EU und die EZB sind Hauptverantwortliche
der Krisen der gemeinsame Handelsraum und
der Abbau von Prüfanstalten und Aufsichtsämtern,
sowie die politische Durchsetzung der Kontrollorgane
haben diesen Spekulationsblasenboom erst möglich
gemacht. Diese unfähigen Bürokraten mit
noch wesentlich mehr Macht zu belohnen
ist das gefährlichste, was man überhaupt machen kann!!
Frau Merkel ist überfordert. Aber die
Spezialisten, die hätten das alles von vornherein
unterbinden müssen und deren Hauptaufgabe
dies war, haben versagt und sitzen in Frankfurt
und in Brüssel!!!!!
Ihre Signale und die Signale von Bsirske
beruhen auf der falschen Logik, dem Bock
zum Gärtner zu machen.
Deutschland muss raus aus der EURO-Zone
und die Gewerkschaftsbonzen müssen
auf noch mehr Macht verzichten.
Das Konzept ist gescheitert und wir
haben Eure widerliche Spielermentalität
der immer höheren Einsätze und immer
höheren Verluste ohne realwirtschaftliche
Entwicklung satt.
Verkaufen Sie nicht Deutschland
als Wohlstandsmodell.
Wir haben lt. Handelswoche 12.9.2011
in Wirklichkeit über 4 Mio. Arbeitslose
trotz massiven Bevölkerungsrückgangs
bei den jungen Arbeitnehmern!!!!!
Seit der Einführung des EURO haben
wir durch Bankenrettungen und
zunehmende Staatsschulden über
500 Mrd. € zusätzliche Miese gemacht
und Schäuble der schon zu Kohls
Zeiten für eine erhebliche Staatsverschuldung
mit sorgte langt immer weiter zu.
Er kommt kompetent rüber, aber
er scheitert kläglich und keiner
hat den Mumm auf weitere Transferunionen
zu verzichten. Die hundsmiserable
Transferunion innerhalb Deutschlands,
die das Land durch ihre saudumme
Wirtschaftspolitik über ein halbes Jahrhundert
beanspruchen wird, hat wohl nicht gereicht????!
Und das obwohl die Bittsteller im Osten
durch falsche Genderpolitik im Bildungsbereich,
der fröhlichen Selbstauflösung entgegensehen
und die zukünftigen Harzer immer weniger werden.
China ist mit nicht einmal einem 10% des
Startkapitals der ostdeutschen Subventionen
zur alles dominierenden Wirtschaftsmacht aufgestiegen.
Wir brauchen sicherlich besseres Personal,
aber das sitzt mit Sicherheit nicht in Brüssel.
Wir müssen gescheitere Bürger
in die politischen Funktionen wählen und
unser Schicksal selbt in die Hand nehmen.
Ehrenrettung für Schäuble: Wenigstens
die Finanztransaktionssteuer ist noch als
vernünftig zu bezeichnen und
seine Grünen und SPD-Konkurrenten
hätten uns die EURO-BONDs aufgehalst und
wären noch viel dümmer als er.
Es ist einfach alles nur noch zum kotzen.
Bernd Goldammer
Gast
Lobenswert: Endlich wieder mal Klartext in der TAZ! Aber die Ersten, die diese Dinge angesprochen haben waren Wagenknecht, Gysi und Lafontaine! Da lagen die Gewerkschaften noch im tiefen Schlaf. Früh genug wäre für die demokratische Gesellschaft doch noch mehr zu retten gewesen. Was haben die Deutschen Gewerkschaften gegen den brutalen Ausbau des Billiglohnsektors getan? Warum wurden die "Weitsichtigen Drei" Wagenknecht, Gysi und Lafontaine so lange "pressefreiheitlich" verschwiegen? Während wir alles über Stars und Sternchen erfahren mussten? Hier hat sich keiner mit Ruhm bekleckert, außer Wagenknecht, Gysi und Lafontaine.
Generator
Gast
Ich kann Wetzel nur beipflichten. Die größten Probleme in der Eurokrise sind ein fehlender Aufbauplan für Griechenland(Sparen ist zwar wichtig aber es muß auch investiert werden) und die undemokratischen Strukturen der EU (Junker hat keiner gewählt, Barroso hat keiner gewählt, Trichet hat keiner gewählt, Van-Rumpolt hat keiner gewählt, die Kommision hat keiner gewählt, Sarkozy, Papandreos und Merkel hab ich als Österreicher auch nicht gewählt).