Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus: Plätze zu weit rechts

Erstmals sind die Piraten in einem Landesparlament. Im Berliner Abgeordnetenhaus sitzen sie auf den Plätzen der ehemaligen FDP-Fraktion und fallen sofort auf.

Unkonventionelle Fraktion: Andreas Baum (l-r), Martin Delius und Christopher Lauer im Abgeordnetenhaus in Berlin. Bild: dpa

BERLIN taz | Er ist tatsächlich der erste, der in der ersten Sitzung des Berliner Landesparlaments ans Rednerpult treten darf. Fabio Reinhard, zu dem Zeitpunkt erst seit einer guten halben Stunde Abgeordneter, geht von seinem Sitz in der zweiten Reihe nach vorne, nimmt routiniert die übliche Rednerhaltung mit den ausgebreiteten Armen und den abgestützten Händen ein und spricht über mehr Rechte für kleine Fraktionen und fraktionslose Abgeordnete und Chancengleichheit für die Opposition. Drei Minuten, Applaus, Abgang.

Es ist die konstituierende Sitzung des am 18. September neu gewählten Berliner Abgeordnetenhauses. Reinhardt stand auf Platz neun der Landesliste der Piratenpartei, die mit einem Wahlergebnis von 8,9 Prozent alle 15 Kandidaten ihrer Liste ins Parlament schickt. Damit zieht die Patei zum ersten Mal in ein Landesparlament ein.

Reinhardt hat sich sorgfältig vorbereitet. Bis spät in die Nacht hat er mit Kollegen an den Anträgen gefeilt, hat sich Stichpunkte für seine Rede gemacht und überlegt, wie er den Mitgliedern der anderen Fraktionen erklärt, warum die Anträge erst kurz vor Beginn der Sitzung eingegangen sind.

"Wir hatten wenig Zeit und widrige Bedingungen uns vorzubereiten", sagt er. "In Punkto Transparenz ist durchaus gewünscht, dass die Anträge mehr als eine Stunde vor der Sitzung eingehen", gibt Sven Kohlmeier von der SPD zurück - in Anspielung an eine der zentralen Forderung der Piraten.

Überhaupt wimmelt es in der Sitzung von Anspielungen auf die Neuen. Ob ein Redner auf den Überwachungsstaat eingeht, ein anderer betont, dass man besonders die junge Generation für Politik begeistern möchte oder ein dritter sagt, wie wichtig Transparenz für das Parlament sei. "Das sind Sachen, die schon durch unsere Anwesenheit angestoßen werden", sagt Reinhardt.

Lieber zwischen Grüne und Linkspartei

Mit den "widrigen Bedingungen" meint er unter anderem den Raum, in dem die Piraten seit der Wahl arbeiten. Ein kleines Sitzungszimmer im ersten Stock der Abgeordnetenhauses, das Raum bieten muss für die Arbeitsplätze von 15 Personen.

Auf den Tischen stapeln sich Papiere, Notebooks, Glasflaschen und Steckerleisten, über den Boden winden sich Kabel und würden alle 15 gleichzeitig telefonieren wollen, könnte man sein eigenes Wort nicht mehr verstehen. Die alten Räume der FDP, die es nicht ins Abgeordnetenhaus geschafft hat, werden erst diese Woche frei.

Unzufriedenheit gibt es bei den Piraten auch mit der aktuellen Sitzordnung. Die Abgeordneten müssen mit den ehemaligen Plätzen der FDP Vorlieb nehmen - vom Präsidenten aus gesehen ist das ganz rechts. Die meisten Piraten würden lieber zwischen Grünen und Linkspartei, also auf der linken Seite, sitzen. In den nächsten Monaten soll die Basis abstimmen, ob die Fraktion mit einem Antrag versucht, auf die andere Seite des Plenums zu wechseln.

Als es zur Abstimmung kommt, kann auch der Alterspräsident seine Irritation nicht verbergen. SPD, CDU, Grüne, Linkspartei, alle stimmen geschlossen über die Anträge zur Geschäftsordnung ab. Nur die Piraten heben ihre Arme mal an der einen, mal an der anderen Stelle. Unübersichtlich ist dieses Abstimmungsverhalten ohne Fraktionsdisziplin.

"Die anderen Fraktionen sind inhaltlich stärker auf unsere Anträge eingegangen, als ich dachte", sagt Reinhardt hinterher. Geändert hat das erst einmal nichts: Die Anliegen werden nun in den Ausschüssen verhandelt.

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