Anschläge auf Finanzinstitute: Postbomber mit Geschichte

In Rom explodiert ein Paket, Fahnder sehen einen Zusammenhang zum vereitelten Ackermann-Anschlag. Die Terrorgruppe FAI ist für solche Taten bekannt.

Erhöhte Sicherheit nach dem Anschlag: das Gebäude der Steuereinzugsgesellschaft Equitalia. Bild: dapd

ROM/BERLIN taz | Zwei Tage, nach dem eine funktionsfähige Briefbombe gegen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann in Frankfurt gefunden und entschärft wurde, ist am Freitag in Rom eine Paketbombe explodiert. Die Sendung war an den regionalen Leiter der Steuereinzugsgesellschaft Equitalia adressierte und verletzte ihn. Italienische Fahnder untersuchen einen Zusammenhang zu der Frankfurter Briefbombe.

In dem Bekennerschreiben, das dem Brief an Ackermann beilag, kündigte die anarchistische Terrorgruppe Federazione Anarchica Informale (FAI) insgesamt "drei Explosionen gegen Banken, Bankiers, Zecken und Blutsauger" an. Diese Drohung nehmen die Ermittlungsbehörden sehr ernst.

Bei der Briefbombe in Frankfurt dauerte es mehrere Stunden, bis sie ein Bekennerschreiben fanden. "Das war nicht als solches zu erkennen, weil das Papierstück so klein und Bestandteil der Briefbombe war", sagt der Sprecher des hessischen Landeskriminalamts (LKA) Udo Bühler. Bei einer möglichen Explosion der Briefbombe wäre das Papier zerstört oder beschädigt worden.

Briefbombe an die EZB

Die Federazione Anarchica Informale fiel in den letzten Jahren immer wieder durch Anschläge auf, die in ihrer Machart sehr dem gescheiterten Attentat auf Ackermann ähnelten. Auch in Deutschland: 2003 sandte die FAI eine Briefbombe an die EZB nach Frankfurt - sie konnte jedoch entschärft werden. In dem Fall ermittelte damals die Generalbundesanwaltschaft.

Die Karlsruher Ermittlungsbehörde darf dies nur Fällen, die ihrer Meinung nach eine besonders Bedeutung für die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik haben. Im Fall der Ackermann-Bombe ermittelt bisher weiter die Frankfurter Staatsanwaltschaft. Dort hält man es allerdings für wahrscheinlich, dass der Generalbundesanwaltschaft die Ermittlungen an sich ziehen wird.

Die FAI-Bombe an die EZB war Teil der "Operation Santa Claus" - mit der die Organisation erstmals in Erscheinung trat. Kurz vor Weihnachten 2003 stellte sie auch dem damaligen EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi zwei mit Sprengstoff gefüllte Dampfkochtöpfe vors Wohnhaus; am 27. Dezember erhielt Prodi zudem eine Buchsendung; die beim Öffnen entstandene Stichflamme verletzte ihn jedoch nicht.

Polizei tappt im Dunkeln

In einem kurz darauf verbreiteten Kommuniqué erklärte die FAI, sie sei der Zusammenschluss mehrerer anarchistischer Gruppierungen; ihr Ziel sei es, gegen die Festung Europa zu kämpfen, in der die einzige wahre Grenze die zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten sei.

Diesen Kampf setzt die FAI in den Folgejahren mit dutzenden Attentaten fort, ausgeführt mal mit Dampfkochtöpfen, mal mit Briefbomben. Ziele waren unter anderem Polizeidienststellen, Kasernen, Abschiebelager, aber auch Lokalpolitiker wie die Bürgermeister von Turin und Bologna oder im Jahr 2009 die private Wirtschaftsuniversität "Bocconi" in Mailand.

Die FAI reklamiert für sich, mittlerweile in einem internationalen Netz mit Bruderorganisationen in Spanien, Griechenland, Chile, Mexiko, Indonesien und anderen Ländern zu operieren. Die italienische Polizei tappt bei der Fahndung nach den FAI-Aktivisten völlig im Dunkeln. Keines der Mitglieder ist namentlich bekannt. Die einzige Verhaftungsaktion - 2005 wurden sieben vermeintliche FAI-Leute festgesetzt - endete als Schlag ins Wasser. Bald waren alle wegen der dürftigen Beweislage wieder auf freiem Fuß; der Prozess in Bologna endete 2010 mit dem Freispruch der Angeklagten.

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