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Regionales Privatfernsehen in NiedersachsenVom Schuhhandel zum TV-Sender

Der niedersächsische Privatsender "FAN TV" kommt ohne Geld von Banken aus. Trotzdem gestalten sie täglich ein aufwändiges Programm. Der NDR sieht die Konkurrenz gelassen.

"Persönliche Geschichten" aus der ländlichen Region: Außendreh von FAN TV. Bild: promo

LÜNEBURG taz | Dramatische Musik ertönt. Ein 60-Sekunden-Countdown läuft. Georg Mahn ordnet seine Zettelwirtschaft und zupft noch kurz das schwarze Sakko zurecht. Dann zoomt die Kamera heran und los geht's: "Es ist Viertel vor. Hier sind die Nachrichten bei FAN Television."

Der Aufmacher kurz vor Weihnachten: ein Verkehrsunfall in Oldenburg, bei dem ein 21-Jähriger Radfahrer lebensgefährlich verletzt wurde. Dann folgen Meldungen: Wulffs Mea culpa zum Privatkredit, der letzte Stand zur Atommülllager-Debatte in Gorleben, erneut ein Unfall-Film und wieder regionale News vom Blatt – zum Schluss dann, klar, der Hinweis aufs Wetter.

Der 35-jährige Mahn ist der Anchorman bei "Fernsehen aus Niedersachsen" (FAN TV) – dem größten Regionalsender in Niedersachsen und Bremen. Zudem ist er Chefredakteur, und mit Geschäftspartner Kay Zimmer, Hauptgesellschafter und Gründer des Senders.

Am 1. November hat FAN TV in Dörverden in der Nähe von Verden den Betrieb aufgenommen. Das vollmundige Versprechen lautet: "vertrauenswürdiges, authentisches und qualitativ anspruchsvolles Privatfernsehen für Niedersachsen". Oder wie Mahn sagt: "Wir sagen, wir machen Fernsehen in einer neuen Dimension."

Von der Schuhverkäufer zum TV-Sender

Mit Dimensionen kennt sich der Sender aus: Finanziert wird FAN TV von der Schuhplus GmbH, einem Spezialisten für Übergrößen-Schuhe. Deren Eigentümer sind: Mahn und Zimmer. 3,5 Millionen Euro steckten sie in einen Gebäudekomplex am Ort, in dem nun sowohl Schuhfirma wie auch der Sender untergebracht sind.

Die Idee, regionales Privatfernsehen aus den Tiefen Mittelniedersachsens über einen Versandhandel für XXL-Schuhe aufzuziehen, entstand vor acht Jahren, erzählt Mahn. Er, der selbst Größe 48 braucht, befand sich damals am Ende seines Journalistik-Studiums und Zimmer arbeitete im Öffentlichen Dienst.

Etwa vor zwei Jahren hatten sie dann genügend Rücklagen gebildet, um das Projekt Schuh-Sender konkret anzugehen. Dies ermöglichte auch eine Änderung des Niedersächsischen Landesmediengesetzes, das noch bis zum Jahr 2010 kommerzielles Lokalfernsehen untersagt hatte.

Auf die Frage, warum FAN TV anders als andere Lokalsender kein Verlagshaus im Rücken hat, antwortet Mahn: "Ich wollte keine fremden Leute an Bord." Also "keine Banken, keine Energieversorger", niemanden, der ihm in die Arbeit quatsche.

Geschätzte 120.000 Zuschauer pro Tag

Jeden Tag stellen 22 Mitarbeiter zwei Stunden frisches Material für FAN TV her. Und weil die Sendungen zwölfmal am Tag wiederholt werden, sendet der Kanal ein 24-Stunden-Programm. Als Vorbild für FAN TV diene das Broadcast-TV-Angebot lokaler US-Sender, erklärt der junge Unternehmer, der 2003 im Washingtoner Büro der ARD eine Hospitanz absolvierte. Das heißt: Die News und Storys kommen zwar von nebenan, aber sie würden trotzdem aufwändig produziert und aufbereitet.

Zehn Formate weist der TV-Sender aktuell aus. Das "FAN Magazin" zum Beispiel, die "Hauptsendung" des Kanals, beschäftigt sich mit "tagesaktuellen Ereignissen aus den Bereichen Landespolitik, Wirtschaft und Lifestyle". In der Sendung "Tach auch!" durchkämmt Reporterin Mareen Steinacker das Sendegebiet, um "persönliche Geschichten" zu erzählen und "innovative Unternehmen, soziale Einrichtungen oder einzigartige Ortschaften" vor die Kamera zu bekommen. Und "Schlager to Go" wiederum verspricht "Party, Spaß und gute Laune" – unter anderem sollen Live-Auftritte von Schlager-Interpreten hier "die Bude zum Beben" bringen.

Unklar ist, wie viele Zuschauer genau diese Art von Vollprogramm nutzen. Im Sendegebiet, das sich im Norden von Cuxhaven hinunter bis nach Springe und von Wildeshausen aus gen Osten bis nach Lüchow erstreckt, kann FAN TV theoretisch 1,1 Millionen Menschen erreichen. Doch da die Gesellschaft für Konsumforschung die Quoten lediglich national erhebt, muss Mahn schätzen. Er sagt: "100.000 bis 120.000" schalteten Programm täglich ein.

Ergänzung zum NDR-Programm

Dabei gibt’s natürlich auch Werbung zu sehen. Denn über externe Kunden will der Sender den Betrieb auch unabhängig von Schuhplus profitabel gestalten. Keine Überraschung jedoch ist: Der größte Werbepartner von "Fernsehen aus Niedersachsen" ist mit einem Anteil von über 50 Prozent der Schuhversender selbst.

Der Norddeutsche Rundfunk jedenfalls betrachtet FAN TV nicht als Konkurrenz zur eigenen "äußerst erfolgreichen Berichterstattung aus Niedersachsen", wie ein NDR-Sprecher mitteilt. Ganz im Gegenteil: "Wir sehen in dem Regionalsender eine vom Gesetzgeber gewollte Ergänzung auf dem Fernsehmarkt." Aber auch FAN TV gibt sich keiner Illusion hin. Mahn bekennt: "Der NDR hat in vielen Punkten eine so wahnsinnige Stärke – da können wir nicht gegen an."

(FAN TV kann über Kabel - S17 analog und S32 digital - empfangen werden)

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3 Kommentare

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  • PB
    Pater Brown

    "Der niedersächsische Privatsender 'FAN TV' kommt ohne Geld von Banken aus. Trotzdem gestalten sie täglich ein aufwändiges Programm." - Nach welcher Grammatik passt zu "Der Privatsender" im Folgesatz ein "gestalten sie"?

  • W
    Werbe-TV

    Im öffentlich rechtlichen findet die Cebit im Gegensatz zu den WerbeTV-Sendern nicht statt. Nur NDR berichtet 5 Minuten in den Lokalnachrichten über die Cebit. Und auch nur weil sie in Hannover stattfindet und man daher darüber berichten muss. (sinngemäß zitiert)

     

    Solche kleinen Sender sind im Ausland problemlos per Satellit zu empfangen wie man an den vielen Lokal-Sendern von italien und "Garagensendern" auf Astra-Schaut-TV-anderer-Länder sehen kann.

    Wenn die Analog-Abschaltung im April kommt, kommt eine kurze Welle der Entrüstung und man muss weiter schlechtes TV schauen weil die Piraten und anderen Parteien nicht dafür sorgen, das Astra neue Regeln etabliert.

     

    Dem Bratwurst-Freibier-Journalismus von Horst Schlämmer und seinen Freunden kann man ohne viel Aufwand etwas nutzer-anziehenderes entgegensetzen. Fragt Euch doch mal wieso gay-tv aus Berlin und andere TV-Sender untergegangen(?) sind. Während in Leipzig(?) m.W. eine etablierte DVB-T-FreieTVSender-Kultur blüht.

     

    Und im Gegensatz zu den Lokal-Radio-Sendern die auch nur noch poppigere (noch "kommerziellere") Musik spielen als die ÖR-Radios, machen die hier (zumindest laut Eurem Text) vernünftige TV-Sendungen.

  • E
    emil

    fernsehen? ist das nicht so ein ding aus den neunzigern?