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Archiv-Artikel

„Mit reichlicher Verspätung“

Gedenkstätte Rosa-Luxemburg-Initiative organisiert Fahrt zur Gedenkstätte Esterwegen im Emsland

Gerhard Kromschröder

■ 71, ist Journalist und Fotograf, arbeitete für den Stern und die Pardon und in den 60er-Jahren als Redakteur bei der Ems-Zeitung.

taz: Herr Kromschröder, Sie haben in den 60er-Jahren als Redakteur in Papenburg über die Emslandlager berichtet und wurden deshalb gekündigt.

Gerhard Kromschröder: Ich war damals ein junger Mensch Anfang zwanzig und habe mich für die Moorlager interessiert. Das war aber ein Tabu, man wollte Vergangenheitsbewältigung durch Verschweigen abhaken. Über die Lager vor der eigenen Haustür sollte nicht gesprochen werden. So führten unsere Berichte zu heftigen Leserbrief-Kontroversen. Erst mit reichlicher Verspätung wurden die Lager von einer Bürgerinitiative thematisiert und es dauerte Jahrzehnte, bis eine Gedenkstätte in Erwägung gezogen wurde.

Wie kann man sich das KZ Esterwegen in den 30er-Jahren vorstellen?

Nach Dachau war Esterwegen das zweite KZ des Dritten Reichs. Die Wachleute kamen aus der Region, die örtliche Geschäftswelt belieferte sie. Nach dem Krieg gab man sich im Emsland damit zufrieden, die Insassen seien ja „rechtmäßig Verurteilte“ gewesen; es waren Sozialdemokraten, Kommunisten oder Zeugen Jehovas. Ein Häftling war Carl von Ossietzky, der 1936 den Friedensnobelpreis bekam. Er wurde in Esterwegen zwei Jahre lang gequält. An den Spätfolgen seiner Haft ist er dann auch gestorben.

Wie finden Sie die Gedenkstätte Esterwegen?

Ich finde, sie macht was her. Da hat man der Erinnerung ein prächtiges Haus gebaut – bleibt nur zu hoffen, dass die Erinnerung auch einzieht.Das klingt nicht sehr überzeugt. Ich fürchte, dass das bürgerschaftliche Engagement verloren geht, das über Jahrzehnte durch das DIZ, das Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager in Papenburg geleistet wurde. Nun ist das in behördlicher Hand. Ich wünsche mir, dass eine pädagogische Arbeit wie die des DIZ fortgesetzt wird und man nicht wie gehabt ins Verkleistern und Beschönigen zurückfällt.

INTERVIEW: KIM NEUBAUER