: Was das Gesetz erlaubt und verbietet
RECHT Das Leistungsschutzrecht enthält keine Ausnahmen für Internetkonzerne. Aber wann müssen Google & Co. zahlen?
FREIBURG taz | Das gestern vom Deutschen Bundestag verabschiedete Leistungsschutzrecht soll es Verlegern ermöglichen, von Suchmaschinen (wie etwa Google) und News-Aggregatoren (wie Google News) künftig Lizenzgebühren zu verlangen – wenn diese Zeitungsartikel nicht nur verlinken, sondern sie auch mit kleinen Textausschnitten („Snippets“) illustrieren.
Am Dienstag dieser Woche hatten CDU/CSU und FDP ihren Gesetzentwurf überraschend noch einmal geändert. Danach soll das Leistungsschutzrecht nicht gelten, wenn nur „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“ eines Presseerzeugnisses benutzt werden. Seither rätseln viele Beobachter: Was sind „kleinste Textausschnitte“? Das Gesetz gibt keine nähere Auskunft.
In der FDP wurde die Version verbreitet, die Snippets von Google seien jetzt ausgenommen. Die Union widersprach nicht, sondern verbreitete sibyllinische Erklärungen: Nun müssten die Beteiligten in Verhandlungen klären, ab wie vielen Worten das Leistungsschutzrecht greife, sagte der Fraktionsvize Günter Krings. Doch ganz so unklar ist die Rechtslage in Wahrheit nicht.
Der Gesetzentwurf spricht nun mal ganz eindeutig von „kleinsten“ Textausschnitten. „kleinste“ heißt: so klein, dass es kleiner kaum noch geht. Die Begründung des Änderungsantrags vom Dienstag bestätigt das. Gemeint seien Schlagzeilen wie „Bayern schlägt Schalke“. Das Beispiel hat genau drei Wörter. Das reicht für eine Überschrift, aber für mehr nicht.
Nun kann man sicher streiten, ob auch vier oder fünf Wörter noch „kleinste“ Textausschnitte sind. Aber die Snippets bei der Google-Suche sind meist 17 bis 21 Wörter lang plus Überschrift. Und bei Google News sind es sogar rund 30 bis 33 Wörter plus Überschrift. Dass das keine „kleinsten“ Ausschnitte mehr sind, liegt auf der Hand. So sieht das wohl auch der Internetkonzern Google und setzte seine umstrittene Anzeigenkampagne gegen das Leistungsschutzrecht mit gesteigertem Aufwand fort.
Auch nach der jüngsten Veränderung des Gesetzeswortlauts könnten die Verlage von Google also bald Lizenzgebühren verlangen. Die Alternative: Google müsste seine Links ohne illustrierende Snippets anzeigen. Allerdings wird das Gesetz auch noch im rot-grün dominierten Bundesrat geprüft. Dieser muss hier zwar nicht zustimmen, kann aber den Vermittlungsausschuss anrufen. Und in dessen undurchsichtigen Verhandlungen ist schon manches unbeliebte Gesetz plötzlich doch zugunsten wichtigerer Projekte geopfert worden. Der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil kündigte bereits an, seine Partei werde das Gesetz im Bundesrat stoppen.
Die Verleger sollten sich also nicht zu früh auf zusätzliche Einnahmen freuen. CHRISTIAN RATH