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Archiv-Artikel

Leidgeprüfter Hüne

Von RLO

Der HSV Handball hat am Samstag mit einem überraschenden 34:28-Sieg beim Tabellenführer Rhein Neckar Löwen seine Chance auf Platz vier gewahrt – und damit die Qualifikation für die Champions League. Es war bereits das 56. Bundesliga-Spiel des HSV, das dessen Rückraumspieler Oscar Carlén verpasste. Nun sind Langzeitverletzte im Sport nicht selten, das Besondere bei dem Schweden aber ist: Er hat überhaupt noch nicht für seinen Verein gespielt.

Zur Saison 2008/09 war Carlén von Ystads IF zur SG Flensburg-Handewitt gekommen. Mit dabei: sein Vater Per, der in Flensburg zunächst Co-, dann Trainer wurde. Sohn Oscar bewies bis Anfang 2011, dass er zu Recht weltweit als eines der größten Talente auf der halbrechten Rückraumposition galt. Dann kam der 9. Februar, das Spiel der Flensburger gegen den TSV Hannover-Burgdorf: Carlén d. J. riss sich Kreuzband und Meniskus.

Bereits im Dezember hatte sich der HSV Handball seine Dienste ab Sommer 2011 gesichert. Bis heute hält sich hartnäckig die Vermutung, Vater Per wäre Anfang 2011 überhaupt nur deshalb als Trainer beim HSV verpflichtet worden, um auch Oscar an die Elbe zu lotsen.

Die Leidenszeit für den 1,94-Meter-Hünen begann erst richtig, als er sich während des Aufbautrainings im September 2011 erneut verletzte und gleich zweimal operiert werden musste. „Als ich die Diagnose bekommen habe, war das der schlimmste Tag in meinem Leben.“

Untätig musste er ansehen, wie sein Vater in Hamburg scheiterte, der HSV in der Liga abrutschte. Ende Januar trainierte Carlén jetzt das erste Mal mit der Mannschaft – und nährte Hoffnungen auf ein Comeback.

„Nach und nach steigert sich das Vertrauen in mein Knie“, sagte er nach der ersten Trainingseinheit. Als nächsten Schritt ließ Trainer Martin Schwalb ihn im Spiel gegen den SC Magdeburg am 12. Februar sich schon wieder mit der Mannschaft warmspielen – und dabei vom Publikum feiern. Seitdem stagnieren die Fortschritte, weder der Trainer noch der Spieler trauen sich jetzt schon den Ernstfall zu.

„Ich spüre große Vorfreude, aber es ist natürlich auch ein bisschen Angst dabei“, beschreibt der Linkshänder seine Situation. Er weiß, dass seine Karriere als Spieler davon abhängt, dass das Knie diesmal hält. Wenn ein 24-Jähriger sagt: „Das ist meine letzte Chance“, dann kann der Druck den Kopf schon mal lähmen.

Er solle „den Kopf frei bekommen und durch den Wald spazieren“, sagt HSV-Trainer Martin Schwalb und hat Carlén erst einmal in den Heimaturlaub nach Schweden geschickt: „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir Oscar wieder auf der Platte sehen werden.“  RLO