Denkmalschutzamt versus Investor: Strafanzeige nach Altbau-Abriss

Denkmalschutzamt will juristisch klären lassen, ob die Bauarbeiten den Sicherheitsauflagen entsprachen. Landeskriminalamt ermittelt wegen Baugefährdung.

Schon beschädigt: das später abgerissene Haus auf St. Pauli. Bild: dpa

Nach dem Abriss eines denkmalgeschützten Altbaus auf St. Pauli hat das Denkmalschutzamt Strafanzeige wegen Baugefährdung gegen die Eigentümer Köhler und von Bargen, die Firma für die Baustellensicherung, und den Tragwerksplaner erstattet. Sie hätten, so der Verdacht, gegen anerkannte Regeln der Technik verstoßen, deren Verletzung auch Menschenleben gefährden könne. Zudem will das Amt prüfen, ob ein Verstoß gegen das Denkmalschutzgesetz vorliegt.

Das am Wochenende abgerissene Gründerzeithaus in der Bernhard-Nocht-Straße 85-87 wurde erst im Januar unter Denkmalschutz gestellt und stand unmittelbar neben der Baustelle der umstrittenen Neubauten des Bernhard-Nocht-Quartiers. In der Strafanzeige verweist das Denkmalschutzamt auf den Abrisshergang und auf die Spuren und Risse, die die benachbarten Gebäude schon zuvor aufwiesen.

Nachdem am Freitag eine Wand des Altbaus eingestürzt war, war mit dem Abriss des Hauses begonnen worden. Dem hatte das Denkmalschutzamt aber nur begrenzt zugestimmt. Als dann weit mehr abgerissen wurde als mit dem Denkmalschutzamt vereinbart, war der Rest des Gebäudes aus statischen und denkmalpflegerischen Gründen nicht mehr zu halten gewesen.

2009: Der Investor Köhler und von Bargen stellt Pläne für Sanierung und Abriss vor, das Bündnis "No BNQ" protestiert.

Januar 2010: Der Investor macht ein Kompromissangebot, das günstige Mieten für Altmieter garantiert. Der Bezirk Mitte erteilt eine Baugenehmigung.

März 2010: "No BNQ" möchte die Häuser kaufen, der Investor will zehn Millionen Euro. Mögliche Mitinvestoren springen ab, der Kauf kommt nicht zustande.

2012: In unmittelbarer Nähe zur Baustelle stürzt ein Gründerzeithaus ein.

"Nun ermittelt das Landeskriminalamt wegen Baugefährdung und wegen der Gefährdung von Menschenleben", bestätigt Polizeisprecherin Ulrike Sweden. Sollte sich der Verdacht erhärten, müssten die Investoren mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen.

Zudem stellt sich die Frage, ob gegen die Baugenehmigung verstoßen wurde. "Der Bezirk Mitte untersucht, warum das Haus nicht mehr gehalten werden konnte", sagt Bezirksamtssprecher Lars Schmidt-von Koss. Denn vereinbart war, dass das Haus erhalten bleiben sollte. Die Baugenehmigung für das Bernhard-Nocht-Quartier erfolgte unter dieser Auflage.

Sollte sich zeigen, dass der Investor fahrlässig gehandelt hat, will der Bezirk ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten. Vielleicht, so Schmidt-von Koss, handele es sich aber um eine Verkettung äußerst ungünstiger Umstände.

Farid Müller, GAL-Abgeordneter für Hamburg Mitte, sieht die Rolle des Bezirksamts Mitte kritisch. "Wenn es zutrifft, dass eine Bauprüferin des Bezirks am vergangenen Freitag vor Ort war, als der Abriss begann, dass aber erst eine Vertreterin des Denkmalschutzamtes intervenierte, hat auch das Bezirksamt gesetzeswidrig gehandelt", sagte er.

Investor Helmut Köhler sagte der taz, eine Strafanzeige sei ihm "nicht bekannt". Er wisse nur, was er aus den Medien entnommen habe. Wenn es eine Anzeige gebe, dann allenfalls gegen die Grundstücksgesellschaft Bernhard Nocht Straße.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.