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Demonstrationen gegen ACTA am SamstagDoppelt hält besser

Die Bundesregierung hat die Ratifizierung von Acta ausgesetzt und die EU das Antipiraterie-Abkommen an den EuGH verwiesen. Die Gegner sind noch nicht überzeugt.

Einfache Botschaft, viele Übermittler. Bild: dpa

BERLIN afp | Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen wollen am Samstag in Deutschland und anderen europäischen Staaten Menschen gegen das umstrittene Handels- und Urheberrechtsabkommen ACTA demonstrieren. Hierzulande riefen unter anderem die Piratenpartei, die Grünen, die Linkspartei sowie die SPD-Nachwuchsorganisation Jusos und Organisationen wie der Chaos Computer Club zur Teilnahme auf. Laut Organisatoren sind Demos in 130 europäischen Städten geplant, darunter auch in zahlreichen deutschen. Bereits am 11. Februar hatten Gegner in vielen Staaten gegen ACTA protestiert.

"ACTA wurde von der Bundesregierung vorerst auf Eis gelegt, vom Tisch ist es deshalb noch lange nicht", erklärte Matthias Schrade vom Bundesvorstands der Piratenpartei am Freitag in Berlin. ACTA steht für "Anti-Counterfeiting Trade Agreement", was so viel heißt wie "Übereinkunft zur Bekämpfung von Fälschungen im Handelsverkehr".

Das Abkommen soll Produkt- und Markenpiraterie verhindern und weltweit den Schutz geistigen Eigentums verbessern. Es soll für sämtliche Wirtschaftszweige greifen. Kritik entzündet sich aber fast ausschließlich an möglichen Auswirkungen auf das Internet, etwa in Bezug auf illegale Downloads.

Die Bundesregierung hatte die Ratifizierung des Abkommens vor dem Hintergrund der hitzigen Debatten vor kurzem ausgesetzt. Die EU-Kommission, die die Verhandlungen für die EU-Mitglieder mit den übrigen beteiligten Ländern wie den USA und Japan geführt hatte, erklärte am Mittwoch, ACTA dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Prüfung auf mögliche Grundrechtsverstöße vorzulegen.

Die ACTA-Gegner kritisieren zum einen, dass das Abkommen die Freiheit im Internet beschneiden könnte. Sie befürchten etwa, dass Internetprovider künftig mit der Musikindustrie kooperieren und bei vermuteten Rechtsverstößen im Extremfall den Anschluss sperren könnten. Ausdrücklich vorgesehen ist dies in dem Abkommen aber nicht. Neben dem Inhalt des Abkommens stört viele Kritiker zum anderen auch, dass es angeblich geheim mit Industrie-Vertretern verhandelt wurde, um einseitig deren Interessen zu wahren - was die EU aber zurückweist.

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1 Kommentar

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  • 9
    99%

    ähem:

    "Ausdrücklich vorgesehen ist dies in dem Abkommen aber nicht. Neben dem Inhalt des Abkommens stört viele Kritiker zum anderen auch, dass es angeblich geheim mit Industrie-Vertretern verhandelt wurde, um einseitig deren Interessen zu wahren - was die EU aber zurückweist."

     

    "Lobbyisten unter sich

    Neben den intransparenten Verhandlungen ist vor allem der Einfluss der Unterhaltungs- und Softwareindustrie sowie die Pharmabranche auf diese zu kritisieren. Diese saßen durch die Delegation der USA bei allen Verhandlungen mit am Tisch. Deren Verhandlungsführer Stanford McCoy, arbeitete zuvor bei der Anwaltskanzlei Covington & Burling, die ihre Klienten u.a. im Bereich Urheberrechtsverletzungen und Anti-Produktpirateriemaßnahmen vertrat. Auch die an ACTA beteiligte “Deputy Assistant USTR for IP Enforcement” Kira Alvarez war zuvor Vize Präsidentin der Global Public Police-Abteilung bei Time Warner und Lobbyistin für den Pharmakonzern Eli Lilly. Ferner wurden die betroffenen Industrien über den aktuellen Stand der Verhandlungen unterrichtet und hatte Zugang zu den Dokumenten, wohingegen die Öffentlichkeit und die Parlamente im Unklaren gelassen wurden. Da passt es nur allzu gut ins Bild, dass das zuständige Referat für Urheberrecht der EU-Kommission mit Maria Martin-Prat (Rechtsanwältin; Anmerk d. Kommentators), einer ehemaligen Lobbyistin des Musikindustrieverbandes IFPI, besetzt ist.

    Und

    "Erst nach Druck durch einige EU-Abgeordnete und nachdem bereits Teile eines Entwurfes ihren Weg in die Medien gefunden hatten, wurde eine erste offizielle Version des Abkommens veröffentlicht. Nach wie vor sind aber wichtige Teile und die Zusatzprotokolle, ohne die die Tragweite des ACTA schwer zu überblicken ist, selbst den Abgeordneten der betroffenen Ländern, die über die über die Ratifizierung von ACTA entscheiden sollen, nicht zugänglich."

    http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2012/02/acta-geheimverhandlungen-mit-lobbyisten/

     

    Ja, vielen Dank dann auch für den mit so viel Herzblut geschriebenen und gut recherchierten, fundierten Artikel...

    Merkwürdig - da schreibt ja sogar die FAZ kritischer und fundierter.