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Paywall bei RegionalzeitungsverlagPremiuminhalte kosten extra

Die Zeitungsgruppe „Madsack“ hat ihre Online-Portale umgestellt: Bestimmte Inhalte sind künftig kostenpflichtig. Bisher hat fast nur Springer dieses Experiment gewagt.

Was hätten Sie denn gerne? Einen Tagespass, ein Monats- oder direkt ein Zweijahresabo? Bild: Screenshot „Neue Presse“

Bei der in Hannover ansässigen Zeitungsgruppe Madsack verbieten sich Namenwitze automatisch. Auch wenn die verrückten Säcke jetzt mit Paid Content ernst machen – als erster großer deutscher Regionalverlag. Stammblatt bei Madsack ist die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) und ihre leicht boulevardeske Schwester Neue Presse, dazu kommt in der Großregion um die niedersächsische Landeshauptstadt noch ein ganzer Schwung lokaler Ableger bis fast an die Landesgrenze von Nordrhein-Westfalen.

Seit dieser Woche soll nun Online gezahlt werden – ausschließlich für Premium-Content, wie Madsack versichert. Und nur für 48 Stunden. „Der Paid-Content-Ansatz fügt sich in unsere digitale Gesamtstrategie. Aber es ging uns bei diesem Modell auch ums Prinzip“, sagt Thomas Düffert, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung: „Unsere journalistische Leistung hat einen hohen Wert und kann deshalb nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden.“ Ein Umdenken, das in Regionalverlagen Schule machen wird?

Bislang versucht vor allem die Axel Springer AG, mit Regionaljournalismus auch im klassischen Internet Kasse zu machen. Die lokalen und regionalen Inhalte der Berliner Morgenpost und des Hamburger Abendblatts sind schon seit Dezember 2009 teilweise kostenpflichtig. Der Erfolg hält sich in Grenzen, offiziell ist man bei Springer aber mit der Entwicklung zufrieden.

„Exklusiv erstellte Beiträge“

Bei Madsack geht man jetzt noch einen Schritt weiter. Zu den kostenpflichtigen Inhalten zählen nämlich nicht nur vor allem lokale Nachrichten, sondern „grundsätzlich alle exklusiv erstellten Beiträge aus allen Ressorts“, so der Verlag. Und erklärt es auf der HAZ-Website seinen LeserInnen so: „Kostenpflichtige Inhalte stehen für exklusive lokale Berichterstattungen und redaktionelle Qualität, die Sie sonst nirgends finden“. Zudem würden die Beiträge jetzt häufig mit Bilderstrecken und Videos angereichert oder liefern stärker als bislang fundierte Hintergrundinformationen. „Mit unserem Bezahlmodell machen wir Inhalte für Sie online zugänglich, die vorher nicht oder nur in der gedruckten Tageszeitung veröffentlicht wurden“, heißt es weiter.

Abonnenten der gedruckten Zeitung sowie des E-Papers bekommen ohnehin den vollen Zugriff auf sämtliche Web-Inhalte, müssen sich dazu aber im neuen Online-Service-Center registrieren. Für den Verlag, der in den letzten fünf Jahren auf Einkaufstour war und heute das sechstgrößte Zeitungshaus Deutschland ist, ist klar: „Das klassische Abonnement wird somit noch wertvoller.“

Wer das nicht hat, kann Online nach dem gängigen Stufenmodell bezahlen: Eine Tageskarte kostet immerhin stolze 99 Cent, das Monatsabo schwankt je nach Titel zwischen 7,95 und 8,99 Euro und ermäßigt sich, wenn man gleich fürs ganze Jahr oder sogar zwei Jahre bucht. Der „Tagespass“ kann auch per Handy bezahlt werden, ansonsten ist bislang Bankeinzug vorgesehen; weitere Zahlungsmöglichkeiten wie Paypal sollen aber bald folgen, verspricht der Verlag.

Neben den beiden Hannoveraner Titeln und ihren Ablegern will Madsack auch die LeserInnen des Göttinger Tageblatts und der Oberhessischen Presse (Marburg) sofort online zur Kasse bitten. Die weiteren Titel des Konzerns sollen im Laufe des Jahres folgen. Zu Madsack gehören unter anderen die Kieler Nachrichten, die Ostsee-Zeitung (Rostock), die Lübecker Nachrichten und die Leipziger Volkszeitung.

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8 Kommentare

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  • MF
    Michael Freitag

    Wir freuen uns darauf - ehrlich ;-) Grüße von der Leiziger Internet Zeitung | l-iz.de ^^

  • R
    Rufus-T-Firefly

    "Regionalzeitung" ist ja wirklich höflich gesagt. Provinz- oder Käseblatt träfe es deutlich besser

  • JH
    J. Halter

    Für Provinz-Jpurnalismus auch noch bezahlen - so dumm sind die Internet-User nicht. Diese provinziellen Käseblätter bieten doch keinen Qualitätsjournalismus, wie sie immer gern behaupten

  • F
    Felix

    Hoffentlich liest dieses Käseblatt jetzt überhaupt niemand mehr. Das Internet ist mit 30 Euro im Monat schon teuer genug. Als Geringverdiener im Callcenter ist da meine Schmerzgrenze schon erreicht. Damit ich den Internetzugang zahlen konnte, musste ich die Tageszeitung kündigen.

  • F
    FMH

    @Inge und Möööp

    Was erwarten sie? Jede Regionalzeitung ist unter aller Sau. Jedes Mal, wenn ich sie wieder in die Finger bekomme, suche ich eigentlich nur nach besonders kreativer Grammatik und den dummen Wortspielen, die einer der Reporter auch in die ernsten Artikel einbaut. Regionalzeitungen nutzen aus, dass sie keine Qualität brauchen um gelesen zu werden - die Leute wollen schließlich wissen, was in der Region los ist. Wenn man dann noch das Monopol hat...

    Das einzige was von unserer Regionalzeitung auf Wikipedia zu lesen ist, ist der Bericht über eine Presseratrüge von 2008

  • W
    wole

    Und gleichzeitig krakelen die Verlage wegen der Internet Auftritte von ARD und ZDF rum. Erst versuchen ein Monopol zu schaffen und dann abkassieren.

    Steht damit die "Argumentation" gegenüber den öffentlichen rechtlichen immer noch auf soliden Beinen ?

  • I
    Inge

    Die PAZ ist so ein 'Ableger' der HAZ. Der Regionalteil ist inzwischen so schlecht, dass wir das Abo der Druckversion gekündigt haben. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die teils sinnfreien, teils völlig unkritischen, häufig nicht weiter recherchierten 'Texte' ohne echten Informationsgehalt von Praktikanten geschrieben werden. Da man alles andere bereits einen Tag vorher im Internet lesen kann, kommt es aber besonders auf die Qualität des Regionalteils an, wenn man Kunden halten will. Aber das hat sich wohl noch nicht rumgesprochen.

  • M
    Möööp

    Schon witzig, für so etwas wie die HAZ-Online auch noch Geld zu verlangen. Dieses Schmierblatt ist qualitativ unter aller Kanone, fast nichts selbst geschrieben oder gar selbst recherchiert... jede Schülerzeitung hat mehr Informationswert.