Nach Attentat auf Moschee in Belgien: Muslime suchen nach Erklärungen

„Wird jetzt auch in Europa versucht, Sunniten und Schiiten gegeneinander aufzuhetzen?“ Der Tod eines schiitischen Imams in Brüssel hat auch deutsche Muslime verschreckt.

Blumen und Ballons erinnern an der Tür der Moschee in Brüssel an die Tat, die auch Muslime in Deutschland verschreckt hat. Bild: dpa

BERLIN taz | „Ein Mensch musste sterben, wohl weil er Schiit war“, sagt Haiko Hasan Hoffmann, der Sprecher der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden in Deutschland. Mit Blick auf den Brandanschlag auf Brüssels größte schiitische Moschee, bei dem am vergangenen Montag deren Imam Abdullah Dahdouh ums Leben kam, fragt er: „Wird jetzt auch in Europa versucht, Sunniten und Schiiten gegeneinander aufzuhetzen?“

Der Tod des Brüsseler Imams hat auch deutsche Muslime erschreckt. Aber Folgen für das Zusammenleben von Schiiten und Sunniten in Deutschland fürchten die meisten nicht. Der Attentäter, der mit einer Axt in die Moschee gestürmt war und dort ein Feuer legte, gab nach seiner Verhaftung an, er habe „den Schiiten“ Angst machen wollen, weil er sie für die Lage in Syrien verantwortlich machte. Belgiens Innenministerin Joelle Milquet sprach von einem radikalislamistischen Hintergrund der Tat.

„Überhaupt nicht überraschend“ findet es die Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur, dass hinter dem Attentat ein radikaler Sunnit, der zu den Salafisten zählt, stecken könnte. „Für Salafisten sind Schiiten die schlimmsten Ketzer überhaupt, schlimmer als andere Minderheiten.“ Überraschend findet sie es allerdings, dass der Attentäter als Motiv die Lage in Syrien angegeben haben soll. Zwar stützt sich Syriens Regime unter anderem auf die religiöse Minderheit der Alawiten, die zu den Schiiten gezählt wird. Zudem unterhält Assad enge Beziehungen zum Iran, in dem der schiitische Islam die Staatsreligion ist. Aber der Salafismus ist vor allem auf der arabischen Halbinsel zu Hause. „In Saudi-Arabien wird Schiiten deshalb eine gleichberechtigte Teilhabe am politischen Leben verwehrt, auch ihre Religion können sie dort nicht frei ausleben“, sagt die Professorin, die in Hamburg Islamische Studien und Theologie lehrt.

„Der Konflikt in Syrien hat keinen konfessionellen Hintergrund“, betont auch Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime in Deutschland, seinem Verband gehören sowohl sunnitische wie auch schiitische Gemeinden an. „Aber das brutale Vorgehen des Assad-Regimes schürt Ängste und Ressentiments und stärkt Feindbilder auf beiden Seiten, und die Eskalation des Konflikts hat viele Sunniten verunsichert.“

Das Attentat selbst will Mazyek nicht überbewerten: „Es war offenkundig ein Einzeltäter, und seine Tat spiegelt auch keine Tendenz in der muslimischen Gemeinschaft wider.“ Die Beziehungen seien nach wie vor gut: erst kürzlich hätten Sunniten und Schiiten im Islamischen Zentrum in Hamburg gemeinsam den Propheten-Geburtstag begangen, so Mazyek.

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