: Den Abschluss kennt keiner
In der flotten IT-Branche wissen viele Betriebe nicht, was Bachelor und Master sind
Eigentlich hatte er alles richtig gemacht. Mit Informatik wählte Niklas ein Fach mit guten Zukunftsaussichten, studierte zügig, bekam nach sechs Semestern bereits seinen Bachelor. Dann folgte Ernüchterung. Die Personalchefs interessierten sich nicht für seinen Abschluss. Einige kannten den Bachelor noch nicht. Manche befürchteten gar teure Weiterbildungen auf Firmenkosten.
In der innovationsintensiven IT-Branche bevorzugen Unternehmen nach wie vor ganz konservativ Uni-Absolventen mit Diplom. Eine neue Studie der Unternehmerinitiative D21 zeigt, dass nur 7 Prozent der Firmen bei Neueinstellungen nach Bewerbern mit Bachelor Ausschau halten. Informatiker mit einem Master-Abschluss wünschen sich sogar nur 4 Prozent. „Das Ergebnis ist ernüchternd“, sagt Margrete Wintermantel, Vizepräsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). „Die Umstellung geht nicht so schnell, wie wir dachten.“
Sechs Jahre nachdem die Bildungsminister in Bologna vereinbart haben, europaweit Bachelor und Master einzuführen, ringen deutsche Absolventen immer noch um Anerkennung. In Deutschland sind mittlerweile ein Drittel der Studiengänge umgestellt, aber laut einer Studie des Hochschul-Informationssystems (HIS) hat immer noch jeder zweite Arbeitgeber keine Ahnung, was ein Bachelor ist.
Auch an vielen Universitäten gibt es Widerstand. So sträuben sich die Technischen Universitäten in bestimmten Fächern gegen den Bachelor. Bereits im letzten Wintersemester beschlossen die neun größten Technischen Unis (TU9) gegen den Willen der Kultusminister, dass sie in den Ingenieurwissenschaften nicht den Bachelor, sondern erst den Master als berufsqualifizierenden Abschluss anerkennen. „Der Bachelor kann kein berufsqualifizierender Abschluss sein, sondern nur den Weg dazu öffnen“, sagt Wolfgang Herrmann, Präsident der TU München.
Für einige Fächer ist die Einführung eines zweigeteilten Studiums sowieso kein Thema. Mediziner und Juristen pochen weiterhin auf das Staatsexamen, und auch die Deutsche Physikalische Gesellschaft und der Apothekertag wollen in ihren Reihen nur Absolventen mit Master sehen. Besonders widersprüchlich verhalten sich die Architekten. Sie begrüßen die Einführung der neuen Abschlüsse, wollen jedoch keine Bachelors einstellen – höchstens aber als Handlanger.
Aus seinen Erfahrungen hat Niklas die Konsequenz gezogen: Er wird weiterstudieren. Laut HIS befindet er sich damit in guter Gesellschaft. 77 Prozent aller Studenten streben nicht den Bachelor an, sondern wollen einen Master machen. Die Angst als Schmalspurakademiker zu gelten, sitzt offenbar tief. JAN PFAFF