Schwacher Start für neue Chefin: Abgestrafte Unterstützer

Denkzettel für die neue CDU-Vorsitzende Rita Mohr-Lüllmann: Ihre Anhänger im Landesvorstand bekamen schlechte Ergebnisse oder wurden gleich ganz abgewählt

Sein Einfluss ist offenbar stark geschmälert: Der CDU-Ehrenvorsitzende Bernd Neumann (unten links) mühte sich vergeblich, Rita Mohr-Lüllmann zu einem besseren Wahlergebnis zu verhelfen Bild: Baeck

Rita Mohr-Lüllmann ist neue Vorsitzende der Bremer CDU. Mit 153 gegen 68 Stimmen ist sie am Samstag auf dem CDU-Landesparteitag von etwas mehr als 69 Prozent der Delegierten gewählt worden. Es gab keine Gegenkandidatur, der Parteivorsitz war ihr bereits seit Dezember sicher, seit sie sich in der ersten Mitgliederbefragung der Bremer CDU gegen den bisherigen Parteichef Thomas Röwekamp durchsetzte. Der Zoff in der Partei und zwischen dem Fraktionsvorsitzenden Röwekamp und ihr als seiner Stellvertreterin ist seitdem nicht weniger geworden. Die großen Fragen am Samstag waren deshalb: Gibt es den Willen für einen Neuanfang, wie viele Delegierte wählen Mohr-Lüllmann, und: Wie groß ist die Geschlossenheit?

Denn nur wenige Tage vor dem Landesparteitag überraschte Röwekamp bei einer Rede in Bremerhaven mit deutlichen Worten: Er wolle die Partei nicht als „Saftladen“ bezeichnen – womit er es dennoch getan hatte. Vor ein paar Tagen schoss er gegen den möglichen zukünftigen CDU-Geschäftsführer Michael Glintenkamp und Vertrauten Mohr-Lüllmanns. Glintenkamp solle jahrelang Gelder von der Partei ohne Gegenleistung bezogen haben. Zu der ohnehin schlechten Stimmung in der Partei kam eine Affäre im Bremerhavener Kreisverband, zwischen dem Kreisvorsitzenden Michael Teiser und seinem ehemaligen Ziehsohn Denis Ugurcu. Vor einer Woche wurde Ugurcu aus der Fraktion ausgeschlossen, weil er sich öffentlich beklagte hatte, dass ihm auf einer CDU-Klausurtagung Schläge angedroht worden seien. Das Bild, das die Bremer CDU in der letzten Zeit abgab, glich also weniger dem eines Saft-, als dem vielmehr eines Porzellanladens nach Besuch des Elefanten.

Vor diesem Hintergrund hätte ein klares Ergebnis für Mohr-Lüllmann ein Signal setzen können. Kulturstaatsminister Bernd Neumann nannte es am Samstag vor der Wahl sogar die „letzte Chance für die Zukunft der CDU“ und mahnte die Delegierten, keine „offenen Rechnungen“ zu begleichen. Doch selbst der große Ehrenvorsitzende Neumann vermochte nicht, alle Gräben zu schließen.

„Wenn sein Appell angekommen wäre“, sagte Mohr-Lüllmann nach ihrer Wahl zur taz, „dann wäre das Ergebnis deutlicher gewesen.“ Bernd Neumann versuchte sich in Schadensbegrenzung: „Bei den anderen Parteien erzielen Parteivorsitzende keine besseren Ergebnisse“, so Neumann. Und klar wünsche man sich immer mehr Stimmen. „Nicht jeder kann wie ich mit 98 Prozent zum Parteichef gewählt werden.“

Richtig abgerechnet wurde denn auch nicht bei Mohr-Lüllmann, sondern bei ihren UnterstützterInnen: Bremens ehemaliger Bürgermeister Hartmut Perschau war als stellvertretender Landesvorsitzender angetreten, mit Jörg Kastendiek und dem Bremerhavener Peter Skusa. Alle wurden gewählt, Perschau aber bekam mit 127 die wenigsten Stimmen, 84 Delegierte waren gegen ihn: Er hatte sich mit Röwekamp überworfen. Ganz aus dem Landesvorstand gewählt wurden Susanne Grobien, Claas Rohmeyer und Gabi Piontkowski, alles Vertraute Mohr-Lüllmanns in der Bürgerschaftsfraktion, die sich gegen Röwekamp gestellt hatten. Ebenso schlecht war das Ergebnis Elisabeth Motschmanns bei der – als Formsache geltenden – Wahl zur Ersatz-Delegierten auf dem Bundesparteitag.

„Es wurden ein paar Querulanten betraft“, sagte Röwekamp dazu zur taz. Dass er noch da ist, hatte er auch in seiner Rede zu Beginn des Parteitages deutlich gemacht. Er tat so, als gäbe es keinen Zwist und blies zum Angriff auf Rot-Grün. Mächtiger Applaus im Saal, sein Abgang vom Podium schien fast trotzig selbstbewusst. Wie nun die Zusammenarbeit mit Mohr-Lüllmann in Zukunft aussieht? „Es wird funktionieren“, so Röwekamp, der seiner Nachfolgerin nach ihrer Wahl so schnell gratulierte, dass die bereitstehenden Fotografen Mühe hatten, ein Bild einzufangen.

Ähnlich verhalten äußerte sich Mohr-Lüllmann zur künftigen gemeinsamen Arbeit: „Wir werden es professionell weiterführen.“ Die Partei sei seit Jahren zerstritten, sie zu einen, sei „eine Mammutaufgabe“, so Mohr-Lüllmann. Immer wieder ruft sie zur Geschlossenheit auf.

Die scheint seit Samstag auch in Bremerhaven wieder möglich: Mitten zwischen den Reden Jörg Kastendieks und Bernd Neumanns, die vor der Wahl Mohr-Lüllmanns die Delegierten auf die neue Vorsitzende einschworen, trat Denis Ugurcu ans Rednerpult: Er werde juristisch dafür kämpfen, wieder in die Stadtverordneten-Fraktion aufgenommen zu werden. Um jedoch Schaden von der Partei abzuwenden und ein geplantes Parteiausschluss-Verfahren gegen ihn abzuwenden, habe er den Kreisverband Cuxhaven gebeten, ihn aufzunehmen. Sein Rivale Teiser kommentierte bissig: „Niemand wird ihn vermissen.“

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