Kartellamt leitet Wettbewerbsverfahren ein: Ölkonzerne benachteiligen freie Tanken

Die größten fünf Mineralölkonzerne stehen im Verdacht, Benzin systematisch zu höheren Preisen an freie Tankstellen zu verkaufen. Das hat das Kartellamt auf den Plan gerufen.

Na? Noch den Preisüberblick beim Tanken? Bild: dpa

BERLIN taz | Das Bundeskartellamt befragt die fünf großen Mineralölkonzerne nach der Gestaltung ihrer Benzinpreise und hat dazu an BP, Shell, Exxon, Conoco Phillips und Total sogenannte Auskunftsersuchen verschickt. Das teilte die Behörde am Mittwoch in Bonn mit.

Dabei geht es nicht um die aktuell hohen Benzinpreise, sondern um einen Zeitraum von 2011. Die Behörde reagiert mit dem Verfahren auf Beschwerden freier Tankstellen, die den großen fünf vorwerfen, Benzin an das jeweils eigene Tankstellennetz billiger zu verkaufen als an ihre Konkurrenz.

„Auf dem Tankstellenmarkt hat sich ein Oligopol aus fünf Konzernen gebildet“, sagt Kay Weidner, Sprecher des Bundeskartellamtes. Diese unterlägen daher einer besonderen Pflicht, die bedrängte freie Konkurrenz fair zu beliefern. Im Falle von Shell interessieren sich die Wettbewerbshüter für sechs der rund 2.200 Tankstellen in Deutschland.

Von den rund 1.000 Tankstellen von Total untersuchen sie die im baden-württembergischen Sinzheim und wollen wissen: Wer ist der Eigentümer, woher bezieht er den Kraftstoff, wer setzt die Preise fest, und so weiter. Solche Fragen seien auf 13 Seiten aufgelistet, heißt es aus der Total-Pressestelle. Auskunftsersuchen hat die Behörde in der Vergangenheit schon öfter verschickt. Natürlich werde man alle Fragen beantworten und das Kartellamt unterstützen, heißt es unisono aus den Konzernen.

„Ein riesiges Politikversagen“

Das Mittel des „Auskunftsersuchens“ sei allerdings nur ein kleiner Nadelstich, kritisiert Heinz-J. Bontrup von der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen. Zu mehr seien die Beamten auch gar nicht in der Lage. „Hier liegt ein riesiges Politikversagen vor“, sagt der Ökonom.

In einem Gutachten habe das Kartellamt jüngst profund dargelegt, dass auf dem Tankstellenmarkt keine Preisbildung im Sinne freien Wettbewerbs mehr stattfinde. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) müsse geändert und das Kartellamt in die Lage versetzt werden, die Mineralölkonzerne zu entflechten.Vom zuständigen Bundeswirtschaftsministerium war bis Redaktionsschluss keine Aussage dazu zu erhalten, wie es um eine Novellierung des GWB steht.

Der Anteil freier Tankstellen am Benzinmarkt beträgt in Deutschland 13 Prozent, 1.800 der rund 15.000 Tankstellen in Deutschland sind nicht an große Mineralölkonzerne gebunden. Unter diesen wiederum geben zwei große den Ton an: Die holländische Shell und die britische BP (Aral) besitzen mit ihrem Tankstellennetz jeweils Marktanteile von rund 20 Prozent.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.