Kommentar Hartz IV: Immer kräftig draufhauen

Die „Bild“-Zeitung haut mal wieder auf ihr Lieblingshassobjekt drauf: Die Hartz-IV-Bezieher. Doch mit der Realität hat ihre Berichterstattung wenig zu tun.

Während Steuerbetrug im großen Stil immer noch als Kavaliersdelikt gilt, hieb die Bild-Zeitung am Mittwoch mal wieder auf ihr Lieblingshassobjekt ein: Hartz-IV-Bezieher. „Noch nie wurde so viel geschummelt und getrickst“, prangte in großen Lettern auf Seite 2. Mit der Realität hat das freilich wenig zu tun.

Tatsächlich zeigen die Zahlen, dass in den letzten Jahren immer weniger Bezieher von Arbeitslosengeld II einen Job abgelehnt oder eine sogenannte Maßnahme, hinter der sich auch die 1-Euro-Jobs verbergen, geschmissen haben. Das kann man positiv deuten, nach dem Motto: Die Konjunktur brummt wieder, die Jobangebote für Hilfebedürftige werden auch besser.

Es gibt aber eine andere Lesart: Nach der Einführung der Hartz-Reformen im Jahr 2005 ist den Betroffenen peu à peu klar geworden, dass sie am kürzeren Hebel sitzen. Denn die rot-grüne Bundesregierung machte es damals amtlich: Jeder Job ist zumutbar. Der arbeitslose Mathematikprofessor muss auch den Park fegen, wenn er keine andere Arbeit findet. Oder stundenlang zu einem Job pendeln, auch wenn dabei nur ein Hungerlohn knapp über Hartz-Niveau herausspringt. Wer sich widersetzt, dem wird der karge Regelsatz noch gekürzt.

Die Folgen sind dramatisch: So manche Qualifikation eines gut ausgebildeten Arbeitslosen ist in den letzten Jahren entwertet worden. Das wiegt umso schwerer, als jeder vierte neue Arbeitslose direkt in den Hartz-IV-Bezug rutscht, wo schneller und schärfer als beim Arbeitslosengeld I sanktioniert werden kann.

Statt wie Bild nach oben zu buckeln und nach unten zu treten, muss es darum gehen, Betroffenen den Rücken zu stärken: bei ihrem Einsatz für würdige Arbeitsplätze und gute Bezahlung. Nicht jede Arbeit ist besser als keine.

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Jahrgang 1976. Ist seit 2009 bei der taz und schreibt über Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie die Gewerkschaften

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