Biodiversität katalogisieren: Strichcode für Pflanzen und Tiere

Naturkundler plädieren dafür, alle Tier- und Pflanzenarten zu registrieren. Ein Katalog der Biodiversität ließe sich sogar automatisieren.

Diese Kuh ist nicht unmittelbar bedroht, aber bereits mit einem Strichcode versehen. Bild: tevfikret/photocase.com

„Die Zeit ist reif“, so lauten die ersten Worte eines Manifests, in dem 39 Wissenschaftler aus aller Welt ihre Kollegen dazu aufrufen, sich mit der Artenentdeckung mehr zu beeilen. Bis heute sind 2 Millionen von schätzungsweise 12 Millionen auf dieser Erde existierenden Tier- und Pflanzenarten bekannt.

Die restlichen 10 Millionen sind von den zunehmenden Umweltveränderungen bedroht und könnten gut und gern von der Erde verschwinden, ehe wir sie überhaupt wahrnehmen.

In 50 Jahren muss dieser Rest klassifiziert sein, so meinen die Unterzeichner des Aufrufs. Zu ihnen gehört auch Johannes Vogel, seit Februar Direktor des Berliner Museums für Naturkunde. Er arbeitete jahrelang am Natural History Museum in London, das die Fachpublikation Systematics in Biodiversity herausgibt, in dessen Nummer 1/2012 das Manifest erschien. Johannes Vogel ist verheiratet mit seiner Kollegin Sarah Darwin, einer Ururenkelin des Evolutionsforschers Charles Darwin.

Der Berliner Museumsdirektor erklärt: „Im Jahr 2012 sehen wir uns einer beispiellosen Krise gegenüber und haben zugleich beispiellose Möglichkeiten.“

Das Gebot der Stunde lautet nach Ansicht der Verfasser: Ehe Beinchen oder gar Zellen gezählt werden, sollte man bei jedem Lebewesen erst einmal einen genetischen Strichcode bestimmen und mit einer Datenbank abgleichen.

Umständliche Analyse vermeiden

Diese Arbeit, automatisch von Robotern in einer „gläsernen Artenfabrik“ erledigt, könnte die Forscher davor bewahren, immer wieder umständlich Lebewesen zu analysieren, bei denen sich dann herausstellt, dass sie bereits bekannt sind. Sie könnten sich nun ganz auf alles bisher Unentdeckte konzentrieren. Zur Beschreibung einer neuen Art aber genügte es dann schon, eines Blattes oder Insektenbeins habhaft zu werden.

Natürlich würde solch eine Vorgehensweise viel Zeit sparen. Aber auch Geld? Die Unterzeichner geben nur die Kosten für ein Teilprojekt an: 5.428.000 Tierarten zu beschreiben würde in 50 Jahren rund 200 Milliarden Euro kosten. Sie rechnen dagegen, dass der Welt finanziell unschätzbare Verluste entstünden, würden wir neue Schädlinge, ebenso wie für Wirtschaft oder Medizin nutzbare Organismen, einfach übersehen.

Der Botaniker Johannes Vogel hofft auf die Hilfe der deutschen Wirtschaft. Auch verfüge Deutschland mit dem Leibniz-Verbund Biodiversität über ein hervorragendes wissenschaftliches Potenzial.

Voraussetzung für das ehrgeizige Projekt wäre eine viel flexiblere Zusammenarbeit der beteiligten Wissenschaftler untereinander und mit Hobbynaturkundlern.

Der Chef des Berliner Hauses vergisst dabei seine eigene Domäne nicht. Er betont: „Auch den Naturkundemuseen als Archiven der Biodiversität kommt eine wesentliche Rolle zu, gewissermaßen als Basislager, von denen aus die großen Expeditionen starten“.

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