Silbermedaillengewinner Tasiadis: Nicht ganz billig

Der Kanute Sideris Tasiadis, Kind griechischer Einwanderer, hat sich in Deutschland nie benachteiligt gefühlt. Jetzt lässt er sich für seine Silbermedaille feiern.

Macht Spaß: Sideris Tasiadis in seinem Element Bild: dapd

LONDON taz | Im Deutschen Haus ist die Stimmung heiter. Endlich hat man etwas zu feiern. Der Pressetisch ist am Mittwochmorgen voll besetzt mit glücklichen, aber übermüdeten Athleten, die eine lange Nacht hinter sich haben. Vielseitigkeitsreiter Michael Jung sitzt dort mit zwei Goldmedaillen zusammen mit seinen Teamkollegen Dirk Schrade, Peter Thomsen, Ingrid Kimke und Sandra Auffarth.

Judoka Ole Bischof und der Kanute Sideris Tasiadis haben ebenfalls Platz genommen. Bischof tut alles weh und er witzelt, gleich müsse er mit den Pferden der Kollegen auf die Weide. Denn dort dürfen die Vierbeiner jetzt hin, um sich auszuruhen. Trotz Müdigkeit ist man zum Scherzen aufgelegt.

Die Reiter heben lobend ihren Teamgeist hervor. Sie sagen, man helfe sich stets gegenseitig. Alles hätte gestimmt. Jung betont, das Wichtigste wäre die positive Energie gewesen, die alle erzeugt hätte. Er würde die Erlebnisse hier in London nie vergessen. Von jedem der Reiter wird verlangt, dass er ein paar Worte über seine Kollegen preisgibt. Sie loben sich alle.

Sie präsentieren sich als wahre Mustersportler im Deutschen Haus. Bischof sagt, was er am Vortag schon mehrmals verkündet hat: Er gönne das Gold seinem koreanischen Kollegen. Jetzt dürfe er sich mal so fühlen wie Kim Jae-Bum beim letzten Mal im Finale von Peking 2008. Damals siegte Bischof.

Voll integriert

Einer der jüngsten Medaillengewinner ist der 22-jährige Sideris Tasiadis. Er bekam nach dem Kanuslalom auf dem Podium Silber überreicht. Nur der 12 Jahre ältere Tony Estanguet aus Frankreich war besser. Der Deutsche wirkt ein bisschen verlegen. Er weiß nicht so recht, was er eigentlich sagen soll.

Dann beginnt er doch zu erzählen – wie ihn sein Klassenlehrer und Sportlehrer in der fünften oder sechsten Klasse gefragt habe, ob er mal den Kanusport ausprobieren wolle. Bis vor zwei Jahren hat er Tasiadis dann trainiert. Vor seiner Kanu-Karriere habe er hauptsächlich Fußball gespielt.

Tasiadis, dessen Eltern Griechen sind, sagt, er hätte sich in Deutschland nie benachteiligt gefühlt und wäre immer voll integriert gewesen. „Ich habe absolut die gleichen Chancen gehabt wie alle anderen auch“, versichert er. Grundsätzlich, so seine Überzeugung, hätten es in Deutschland Kinder mit Migrationshintergrund nicht schwerer, sich im Sport zu beweisen. Gegen Griechenland habe er sich entschieden, weil er künftig weiter in Deutschland leben wolle. Deshalb hätte er nie einen wirklichen inneren Konflikt ausfechten müssen.

Teuer Sport

Die Erstausstattung, die man für seinen Sport brauche, das räumt er schließlich doch ein, sei nicht ganz billig. Für ein Boot muss man etwa 1.800 Euro berappen, für die Bekleidung würden auch noch einmal bis zu 300 Euro fällig. Das sei schon eher eine Barriere für den Nachwuchs aus sozial schlechter gestelltem Elternhaus, so Tasiadis.

Auf die Frage, was dem Sport in Deutschland nach seiner Medaille noch fehle, sagt Tasiadis ohne zu überlegen: „Sendezeit im Fernsehen.“ TV-Berichterstattung einmal im Jahr, das wäre einfach nicht genug, um andere zu inspirieren.

Er selbst versucht seinen Beitrag für die Nachwuchsarbeit zu leisten. Seit letztem Jahr trainiert er mit seiner Freundin Schulkinder. Kanuslalom wäre ein super Sport für sie. Im Sommer gäbe es nichts Besseres: „Wenn’s zu heiß ist, dann kann man ins Wasser springen und rumschwimmen und hat immer einen riesigen Spaß!“ Es war eine Eloge auf seinen Sport. Eine bessere Bühne als die Olympischen Spiele wird er dafür erst einmal nicht mehr finden.

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