Westfalen kämpft um Hermann

Der Cheruskerfürst hat Probleme: Immer weniger Menschen besuchen das Hermannsdenkmal in Detmold. Bis Ende 2008 soll eine Erlebniswelt um den Schwertkämpfer entstehen – für 750.000 Euro

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Immer weniger Menschen interessieren sich für Hermann. Das zu Ehren des Cheruskerfürsten errichtete Denkmal in der Nähe von Detmold zieht jährlich nur noch rund 170.000 Menschen an. Vor 25 Jahren warenn es noch etwa 350.000 Besucher pro Jahr. Der zuständige Landesverband Lippe will nun Abhilfe schaffen und Hermann aufhübschen: Für 750.000 Euro soll der Germane einer Schönheits-OP unterzogen werden, außerdem sollen in seiner Nähe eine Waldbühne und Spielplätze entstehen.

„Es ist notwendig, das Denkmal attraktiver zu machen“, sagt Klaus Stein vom Landesverband Lippe, dem Betreiber des Denkmals. Die Einstellung der Besucher habe sich in den vergangenen Jahren geändert. Die Menschen wollten Hermann zwar sehen, aber nur das Denkmal reiche ihnen eben nicht. Deshalb sollen neben dem Bau von Waldbühne und Spielplätzen unter anderem auch eine Dauerausstellung etabliert und das pädagogische Angebot ausgeweitet werden. Das Konzept wurde der Stiftung Hermannsdenkmal und der Verbandsversammlung vorgelegt. Im Frühjahr soll darüber entschieden werden.

Ungeklärt ist noch, woher das Geld für die Sanierung kommen soll. Der Sockel des Denkmals müsse in jedem Fall erneuert werden, sagt Stein. Das habe schon in diesem Jahr passieren sollen. Da es aber keine Landesmittel dafür gab, wurde die Sockel-Sanierung auf 2006 verschoben. „Wir hoffen, dass wir dann vom Land unterstützt werden“, sagt Stein. Für die neuen Attraktionen rund um Hermann sucht der Landesverband Lippe derzeit nach Partnern, die sich an den Projekten beteiligen. „Natürlich wollen wir auch selbst investieren“, beteuert Stein. Aber die Zusammenarbeit mit Pächtern und Betreibern sei unerlässlich. Für die Waldbühne sei beispielsweise das Detmolder Landestheater als Partner im Gespräch. Im Sommer soll hier Freiluft-Schauspiel gezeigt werden. Mit wem der Landesverband sonst noch verhandelt, dazu wollte sich Stein gestern nicht äußern.

Aber was ist los mit Hermann? Genügt er den Touristen nicht mehr? Stein sagt, nach der Wende habe es einen „Riesen-Boom“ gegeben. Mit Bussen reisten damals die Touristen aus der Ex-DDR an, stiegen hoch auf den Teutberg zu Hermann, sahen ihn, sahen das Land – und reisten wieder ab. Und heute? „Die Menschen wollen Erlebniswelten“, weiß Gerd Przybyla von der Lippe Tourismus und Marketing AG. Früher habe es den Besuchern gereicht, „ehrfürchtig zu Hermann aufzublicken“. Nun sei das nicht mehr zielgruppenorientiert – und zugleich symbolisch für die ganze Touristikbranche: Durch Billigflüge in alle Welt habe sich das Reiseverhalten der Menschen drastisch geändert.

„Deshalb müssen wir hier Erlebniswelten schaffen, aber natürlich ohne aus Hermann Mickey Mouse zu machen“, sagt Przybyla. Gerade in einem Kurzurlaubsland wie Westfalen sei das nötig. Für das Jahr 2007 will der Touristik-Experte eigens eine Lippe-Hymne komponieren und am Hermannsdenkmal uraufführen lassen – mit einer „großen Lasershow am Hermann“, sagt Przybyla. „Und mit einem Heißtluftballon.“ Also doch ein bisschen quietschbunte Disney World.

Die Um- und Neubauten sollen indes bis Ende 2008 abgeschlossen sein. Der Grund für das Zeitlimit: Im darauf folgenden Jahr planen der Landesverband Lippe und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe eine Ausstellung mit dem Titel „2000 Jahre Varusschlacht. Imperium – Konflikt – Mythos“. An verschiedenen Schauplätzen soll die Schlacht im Tuetoburger Wald beleuchtet werden. Geplant ist unter anderem auch, ein Kriegsschiff zu rekonstruieren und zu Werbezwecken über Rhein und Weser schippern zu lassen. Mit Disney und Mickey Mouse hat das dann wohl weniger zu tun.