Umweltfreundliche Krematorien: Grüner sterben

Krematorien verbrauchen viel Energie und setzen Treibhausgase frei. Ökosärge und eine neue Einäscherungsmethode sollen für Abhilfe sorgen.

Auch auf dem allerletzten Weg wird der Klimaschutz zum Thema. Bild: dpa

BERLIN taz | Es klingt wie aus einem Horrorfilm, wenn Rolf Lichtner über sein Lieblingsthema spricht. „Bei 300 Grad köchelt der Leichnam in einer alkalischen Lösung vor sich hin, bis am Ende nur noch Knochen bleiben“, erklärt der Generalsekretär des Bundesverbands Deutscher Bestatter eine neuartige Form der Einäscherung, die in den USA angeboten wird.

Verbrennen liegt im Trend. Im vergangenen Jahr wurde jeder zweite der knapp 852.000 Verstorbenen in Deutschland in einem Krematorium verbrannt. Noch Mitte der 1990er Jahre war es erst jeder dritte.

Den Trend erklärt Lichtner damit, dass die klassische Erdbestattung im Sarg für viele zu teuer werde, schließlich müssten die Angehörigen über Jahre hinweg für das Fleckchen Erde auf dem Friedhof zahlen. Zudem gebe es für eine Urne mit Asche neben See- und Waldbestattung viele weitere Varianten der Beisetzung. Bis hin zur letzten Reise in den Weltraum seien der Fantasie keine Grenzen gesetzt.

Steigende Nachfrage

Immer mehr Menschen wünschen sich auch eine umweltverträgliche Bestattung und kaufen Särge aus Pappe, Bestattungswäsche aus Naturfaser oder Urnen aus Kartoffelstärke. „Die Nachfrage nach Ökoprodukten steigt“, bestätigt Lichtner.

Zugleich machen sich die Krematorienbetreiber angesichts des Anstiegs der Energiepreise Gedanken, wie sie den Energiebedarf ihrer Verbrennungsöfen, die in der Regel mit Gas beheizt werden, senken könnten. Diese müssen bis auf 1.200 Grad erhitzt werden und brauchen damit pro Einäscherung im Schnitt etwa 3 Kubikmeter Gas – „je nachdem, wie Körper und Sarg beschaffen sind“, so Lichtner.

Inzwischen gibt es erste Alternativen: Im US-Bundesstaat Minnesota eröffnete kürzlich der zweite Resomator, ein Ökokrematorium. Laut dem schottischen Hersteller benötigt es nur ein Siebtel der Energie, die für eine gewöhnliche Verbrennung eingesetzt wird, und muss auf nur 300 Grad erhitzt werden.

Auch als Dünger zu verwenden

Möglich macht das ein Laugenbad, in das der Leichnam drei Stunden lang eingetaucht wird. Die alkalische Lösung zersetzt den Körper. „Am Ende bleiben nur noch Knochen, die sich mit den Fingern eindrücken lassen“, sagt Lichtner. Sie werden zermahlen und als „Ökoasche“ an die Hinterbliebenen übergeben. Die Lauge könne getrost als Dünger ausgebracht werden, sie sei nur eine „harmlose Flüssigkeit mit den Bausteinen des Lebens“.

Ein weiterer Vorteil, mit dem der schottische Hersteller wirbt: Weil der Bedarf an Gas niedrig ist, entsteht weniger Treibhausgas. Genaue Zahlen dazu, wie viel CO2 Krematorien in Deutschland in die Atmosphäre pusten, gibt es nicht. Ihr Beitrag zur Klimabilanz sei zu vernachlässigen, teilt das Umweltbundesamt mit.

Der Resomator kommt bisher nur in den USA zum Einsatz. Ob er irgendwann auch in Deutschland steht, ist fraglich. Dafür müsste die Gesetzgebung geändert werden. Lichtner glaubt außerdem, dass kaum jemand seinen Angehörigen in einer Lauge zersetzen lassen will: „Wir haben hier schlichtweg eine andere Bestattungskultur.“

Allerdings bemühen sich auch hierzulande die Beerdigungsinstitute um mehr Nachhaltigkeit. Bei „Feuerbestattungen Stade“ in Cuxhaven wird das Krematorium mit Ökostrom betrieben. Zudem gibt das Unternehmen für jeden verbrannten Leichnam eine Spende an Aufforstungsprojekte des WWF.

Einzig in Niedersachsen, sagt Lichtner, enthalte das Gesetz die Möglichkeit, auch eine andere Bestattungsform zu wählen – die „Tieftemperaturbehandlung“: Eine schwedische Biologin kam auf die Idee, den Leichnam auf minus 200 Grad schockzugefrieren, um ihn dann durch Vibration in kleine Stücke zu wirbeln. Lichtner: „Allerdings haben Tests mit Schweinen gezeigt, dass die Stücke für Urnen zu groß sind.“

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