Kommentar ESM-Urteil: Ein alternativloses Urteil

Die Karlsruher Richter hatten keine andere Wahl, als dem ESM zuzustimmen. Allein in Deutschland hätte der Schaden weit über eine Billion Euro betragen.

Die acht Verfassungsrichter hatten keine Wahl. Sie mussten den Rettungsschirm ESM absegnen. Denn wenn sie ihn gestoppt hätten, wäre der Euro auseinander gebrochen. Der gesamtwirtschaftliche ökonomische Schaden, alleine in Deutschland, hätte weit über einer Billion Euro gelegen. Das konnten die Richter nicht riskieren. Es ist ein hässliches Wort, aber trotzdem Realität: Die Euro-Rettung ist „alternativlos“.

Es war daher keine hohle Phrase, dass die deutsche Regierung immer wieder betont hat, dass sie „keinen Plan B“ habe, falls die Richter den Rettungsschirm blockieren. Einen „Plan B“ konnte es gar nicht geben. Bei der ESM-Entscheidung ging es um die zentrale Frage, ob Deutschland für die anderen Euro-Länder haften darf. Und ohne eine gemeinsame Haftung kann es auch keine gemeinsame Währung geben.

Es gibt nur einen Verlierer: Bundesbank-Chef Jens Weidmann. Er ist nun völlig isoliert. Vehement kämpft er dagegen, dass die Europäische Zentralbank Staatsanleihen aufkauft, falls die Zinsen in gefährliche Höhen steigen. Diesen Kurs hat in Europa sowieso niemand verstanden, aber jetzt gehen ihm selbst in Deutschland die Verbündeten aus. Die Verfassungsrichter waren seine letzte Hoffnung, weil Kanzlerin Angela Merkel schon lange signalisiert, „alles“ zu tun, um den Euro zu retten.

Um diese Euro-Rettung voranzubringen, war das Urteil aus Karlsruhe wichtig. Trotzdem ist die Krise nicht vorbei. So ist absehbar, dass Griechenland einen weiteren Schuldenschnitt benötigt. Und der Sparkurs in ganz Europa wird die Rezession weiter verschärfen. Aber immerhin ist nun klar: Dies sind politische Probleme, die politisch gelöst werden müssen. Sie haben keinen Verfassungsrang.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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