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Archiv-Artikel

Preisknüller Windstrom unterbietet Marktpreis

Nachfragespitzen treiben die Preise für Strom hoch. Subvention für Windenergie ist billiger als konventionelle Energie

Berlin taz ■ Stromeinkäufer sollten ihr Fähnchen nach dem Wind hängen: Drastisch gestiegene Preise haben an der Leipziger Strombörse dazu geführt, dass Windstrom zeitweise deutlich billiger ist als der konventionelle Börsenstrom. Während an der Leipziger Börse eine Kilowattstunde im Dezember 6,7 Cent kostete, wird Windkraft mit gesetzlich garantierten 5,39 Cent je Kilowattstunde vergütet. Nur leider gibt es an der Börse keinen Markt für Ökostrom. Der Preisunterschied zeigt aber, dass die staatlichen Zuschüsse für Windkraft unterhalb des Marktpreises liegen.

Noch größer fällt der Preisvorteil für den Windstrom aus, wenn die Energie tagsüber erzeugt wird. Denn dann liegen die Marktpreise des Stroms nochmals deutlich höher. Zwischen 8 und 20 Uhr mussten Einkäufer für Stromlieferungen im Dezember 10 Cent pro Kilowattstunde bezahlen. Da wird jede Kilowattstunde Windstrom zum wahren Preisknüller.

Mittlerweile gibt es in Deutschland so viele Windräder, dass die Preise am Spotmarkt für Strom zurückgehen, sobald die Windprognosen für Deutschland eine steife Brise vorhersagen.

So hätte man sich auch im November mehr Wind gewünscht. Denn während es im November deutschlandweit eher mäßig blies, jagten die Strompreise an der Leipziger Börse von einem Rekord zum nächsten. Zukunftspreise für das Jahr 2006 wurden in den letzten Tagen mit zeitweise fast 4,8 Cent je Kilowattstunde gehandelt – ein Allzeithoch.

Der Preis orientiert sich am Jahresdurchschnitt und ist im Winter höher als im Sommer. Anfang vergangenen Jahres hatten die Preise für das gleiche Stromprodukt noch bei etwa 2,5 Cent gelegen.

Ein Grund für den jüngsten Preisauftrieb ist eine verstärkte Nachfrage von Industriekunden, die für 2006 noch keine neuen Verträge abgeschlossen haben. Viele Firmen hatten seit einem Preissprung im vergangenen Frühjahr vergeblich auf fallende Preise gewartet. Nun kamen sie in Zugzwang, da sie noch im November den Strom für 2006 einkaufen mussten.

Der Nachfrageschub ließ die Preise steigen. „Für viele Unternehmen wird die Zeit jetzt eng“, weiß Max Gehann vom Stromhändler Enoplan im badischen Bruchsal. Und das beschert den Stromerzeugern natürlich eine starke Marktposition, die sie auch ungeniert nutzen. Dabei haben die Konzerne leichtes Spiel, weil sich die Kraftwerke zu 80 Prozent in der Hand der vier Großen befinden.

Doch vollständig zu erklären sind die Preisspitzen durch die verstärkten Nachfragen trotzdem nicht. „Fundamentale Daten, die diesen Anstieg der Strompreise rechtfertigen könnten, gibt es längst nicht mehr“, sagt Thomas Spinnen vom unabhängigen Stromhändler PCC Energie in Duisburg. Denn sowohl der Ölpreis, der auch über die Kopplung des Gaspreises auf die Stromkosten durchschlägt, wie auch die Zertifikatspreise im Emissionshandel sind seit Wochen stabil.

Doch beim Stromkäufer kommen immer nur die Preissteigerungen vom Rohstoffmarkt an, nie aber die Preisrückgänge, bemängelt Marktkenner Spinnen: „Die Großen machen jetzt ganz schön Kasse.“

BERNWARD JANZING