Lieber nicht auf Godot warten

Arbeitslose Schauspieler haben im Sprechwerk das „Ensemble Proszenium“ gegründet. Zu den Premieren laden sie gezielt Intendanten ein

Konflikte gebären Ideen. Manchmal auch soziale. Etwa im Fall jenes arbeitslosen Schauspielers, den die Beschäftigungsgesellschaft zum „City Service“ schicken wollte. Ob er nicht in seinem Beruf arbeiten könne, hatte er gefragt – und ein Projekt geboren: 70.000 Euro erbat die Gesellschaft Beschäftigung und Bildung von der Wirtschaftsbehörde; das Resultat: 21 SchauspielerInnen, die Arbeitslosengeld (ALG) II beziehen, agieren seit Oktober als „Ensemble Proszenium“ im Sprechwerk. Künstlerischer Betreuer ist dessen Leiter Andreas Lübbers: „Unser Ziel ist, dass die in Schauspieler in ihrem Beruf anstatt in artfremden Bereichen arbeiten können.“

Ursache der Misere ist eine Neuregelung ab Februar 2006: Innerhalb zweier anstatt – wie bisher dreier – Jahre müssen Schauspieler dann 360 sozialversicherungspflichtige Arbeitstage sammeln, um Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben. Eine Forderung, die so schwer erfüllbar ist, dass etliche zu ALG-II-Beziehern werden. Die aber bekommen keine Zuschüsse zu Bewerbungen außerhalb der eigenen Stadt. „Das ist für Schauspieler, die sich bundesweit bewerben müssen, verheerend, weil sie sich die Fahrt zum Vorsprechen an den Theatern nicht mehr leisten können“, betont Lübbers.

Pragmatisch ist daher die derzeit im Sprechwerk praktizierte Lösung: Anstatt zu den Theatern zu fahren, lädt das Ensemble Intendanten ins Sprechwerk ein: Sergi Belbels Nach dem Regen wird am 13., Woody Allens Gott am 22. Dezember Premiere haben. „Ich hoffe, dass danach einige von ihnen Verträge in der Tasche haben“, sagt Lübbers.

Dass all dies ein Tropfen auf den heißen Stein ist, weiß er sehr genau; zudem endet das Projekt im Juni 2006. Und danach? „Mittelfristig strebe ich ein Projekt an, das ALG I- und -II-Empfänger vereint und sowohl Fortbildung als auch Berufspraxis bietet.“

Petra Schellen