Rekord bei Zwangsabschaltungen: Windenergie bleibt stecken

Die Stromtrassen reichen für die wachsende Windenergie nicht aus. Immer mehr Strom kann nicht eingespeist werden. Die Kosten tragen die Verbraucher.

Volles Netz: 2800 Kilometer neue Hochspannungsleitungen sollen gebaut werden Bild: dpa

BERLIN dpa | Wegen fehlender Netze ist die Zwangsabschaltung von Windparks in Deutschland um fast 300 Prozent gestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Beratungsunternehmen Ecofys im Auftrag des Bundesverbands Windenergie, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Demnach ging vergangenes Jahr der Rekordwert von bis zu 407 Gigawattstunden (GWh) Windstrom verloren, 2010 waren es erst 150 GWh. Da die Betreiber für solche Produktionsdrosselungen entschädigt werden müssen und dies auf die Stromverbraucher abgewälzt wird, entstehen den Bürgern Millionenbelastungen für nicht eingespeisten Strom.

Die Kosten können nach Schätzungen aus der Windbranche 18 bis 35 Millionen Euro für 2011 betragen, genau ist das aber schwer zu ermitteln, das hängt auch von den Begründungen für die Abschaltung ab. Am Dienstag hatte die Bundesnetzagentur bereits mitgeteilt, dass sich 2011 mangels Netzen die Zahl der Eingriffe in das deutsche Netz etwa verdreifacht habe.

Die starke Belastung im Zuge des rasanten Ausbaus erneuerbarer Energien wird durch die ecofys-Zahlen nun noch einmal unterstrichen. Allerdings war der Windertrag auch 2011 wesentlich höher als 2010. Schwerpunkte der sogenannten Abregelungen waren der Norden und der Osten. Mit dem nicht eingespeisten Strom hätten etwa 116.000 Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgt werden können. Ein Sprecher des Windenergieverbands betonte: „Das zeigt, wie dringend ein zügiger Netzausbau ist.“

Erstmals Probleme im Hochspannungsnetz

Mit 32 bis 38 Prozent der Ausfälle entfiel der größte Teil auf das Gebiet des Verteilnetzbetreibers Eon Edis (Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern). 23 bis 27 Prozent betrafen Eon Netz (Bayern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen), 9 bis 12 Prozent Eon Westfalen Weser (Ostwestfalen-Lippe und Südniedersachsen) und 8 bis 10 Prozent Schleswig-Holstein Netz.

Es handele sich „weiterhin in den meisten Fällen um ein regionales Problem des Verteilungsnetzes“, wird in der Studie betont. Dies sind die unteren Netzebenen, quasi die Land- und Gemeindestraßen im Stromnetz. Mit 26 GWh bis 48 GWh an abgeregelter Leistung war erstmals aber auch das Höchstspannungsnetz des Übertragungsnetzbetreibers Tennet in größerem Maße betroffen.

Nach dem Entwurf des am Montag vorgestellten Netzentwicklungsplan sollen in Deutschland 2800 Kilometer an neuen Höchstspannungsleitungen gebaut werden, der Großteil entfällt auf drei neue Stromautobahnen von Nord nach Süd. Zudem sollen 2900 Kilometer im Höchstspannungsnetz optimiert werden. Aber das immer öfter vorkommende Abschalten der Windparks zeigt, dass zunehmend auch untere Netzebenen ein Schwachpunkt bei der Energiewende sind.

Neben den Investitionen in neue Stromautobahnen sind hier laut eines noch unveröffentlichten Studienentwurfs der Deutschen Energie-Agentur Ausgaben von 27,5 bis 42,5 Milliarden Euro für den Ausbau in Deutschland notwendig. Demnach könnten bis 2030 zwischen 159.200 und 214.000 Kilometer an neuen Nieder-, Mittel- und Hochspannungsnetzen nötig sein, um den gerade in ländlichen Gebieten dezentral produzierten Wind- oder Solarstrom verteilen zu können.

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