Kommentar Slowenien: Linker Präsident stützt Konservative

Der Sozialdemokrat Borut Pahor gewinnt die slowenische Präsidentschaftswahl. Vermutlich wird er das konservative Sparprogramm durchsetzen.

Borut Pahor geht mit 67 Prozent Zustimmung als überragender Sieger aus den slowenischen Präsidentschaftswahlen hervor. Der Sozialdemokrat stand im zweiten Wahlgang gegen den als noch weiter links eingestuften bisherigen Präsidenten Danilo Türk. Die Wähler wussten allerdings, dass Pahor sich der Sparpolitik der konservativen Regierung unter Janaz Jansa beugen wird. So erhielt er viele Stimmen aus dem konservativen Lager. Die Mehrheit der Slowenen hat trotz der wütenden Protestbewegung der letzten Wochen der Versuchung widerstanden, den Weg der Verweigerung zu gehen, wie Türk es wollte.

Die slowenische Realität sieht seit zwei Jahren düster aus. Die Wirtschaft ist um acht Prozent eingebrochen, die Banken sind nicht liquide. Hinzu kommt, dass alle Nichtslowenen, die vor dem Zerfall Jugoslawiens Konten bei der Ljubljanska Banka innehatten, bislang keine Entschädigung erhalten haben. Das wird noch Hunderte Millionen Euro kosten. Die relativ hohen Renten kann sich der Staat nicht mehr leisten, die in den letzten Jahren geschaffenen sozialen Sicherheiten werden von Jansa gnadenlos auf den Prüfstand gestellt. Der neue Präsident kann dies aufgrund der Verfassungslage nicht ändern, er hat nur beschränkte Macht.

Doch eine nicht ganz knappe Mehrheit der Slowenen steht weiterhin links. Die Belegschaften der Betriebe haben manche Errungenschaften des Selbstverwaltungssozialismus aus der jugoslawischen Zeit in die Unabhängigkeit hinüberretten können. Und genau diese Betriebsverfassungen muss Jansa kippen, will er den Arbeitsmarkt liberalisieren.

Da wird er den neuen Präsidenten brauchen. Der hatte in der letzten Legislaturperiode als Chef einer sozialdemokratisch geführten Regierung immerhin schon Reformen à la Schröder einführen wollen.

Jansa hielt damals mit populistischen Parolen dagegen und gewann die Wahlen. Jetzt könnten Jansa und Porut an einem Strang ziehen. Merkel wird das freuen. Die slowenischen Gewerkschaften aber nicht. Eine kräftige Streikbewegung und Widerstand sind keineswegs ausgeschlossen.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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