Köstlich, Ihr schwarzer Humor

betr.: „Gammelfleisch als Rache“ von Helmut Höge, taz zwei vom 28. 11. 05

Jeder der einmal in die Landwirtschaft hineingerochen hat, wie Herr Höge schreibt, kann also urteilen, wie auf jedem Bauernhof in der Welt und hier zu Hause gewirtschaftet wird. Oh je, armes Deutschland, wenn ich als Kind nach dem Lesenlernen nur einen Artikel zu überfliegen brauche, um für mein Leben genug Journalismus gelernt zu haben. Nur die Angst vor dem Gesetz hält mich als Bäuerin also davon ab, den Endverbraucher vollends zu vergiften. Ist das bei den Journalisten auch so, dass nur die Angst vor dem Gesetz sie davon abhält, das Volk zu verhetzen? Frau, denke ich da, was bist du blöd, so lange zur Schule zu gehen und dich stetig fortzubilden, wenn das Weltbild so einfach und billig ist.

BRITTA REIMERS, Poyenberg

Ich beglückwünsche Sie zu Ihrer gelungenen Satire. Allgemein heißt es, dass der Deutsche zum Lachen in den Keller geht und schon gar keinen Sinn für tiefschwarzen makabren Humor englischer Prägung hat. Deshalb gebührt Ihnen Respekt für den Mut, ein solch sensibles Thema wie den aktuellen Fleischskandal zu karikieren.

Ich muss eingestehen, dass ich – naiver Bauer der ich nun mal bin – fast drauf reingefallen wär. Beim Lesen des Headers dachte ich im Ernst: Oh Gott … sind jetzt wir das neue Feindbild, der Böse, vor dem das Volk gewarnt wird mit Sprüchen wie „Kauft nix bei …“? Beim Weiterlesen wurde mir aber schnell die Botschaft ihres Textes klar: Den tatsächlich vorhandenen Spinnern und Bauernfeinden den Eulenspiegel vorzuhalten und ihnen zu zeigen was für erbärmliche Menschen sie sind. Spätestens bei der „Schuldzuweisung“ an die Landwirte für eine Straftat, die sich erst Monate oder auch Jahre nach dem Verkauf ihrer Produkte ereignet, haben Sie den ersten Schenkelklopfer gelandet. Man stelle sich nur mal den Herrn Pischetsrieder von VW vor, wie er dafür verantwortlich gemacht wird, dass mit einem Golf 1 mit abgelaufenem TÜV und abgefahrenen Reifen von einem besoffenen Fahrer ein Crash gebaut wird. Oder einen Redakteur, der dafür verantwortlich gemacht wird, dass sich mit der Zeitung für die er schrieb, der Arsch abgeputzt wurde. Köstlich Ihr schwarzer Humor. Ich muss es wieder betonen!

Und dann der Brüller mit der Quecksilberbeize im Brotweizen. Wir Bauern können wie die Ostfriesen, Österreicher und Blondinen gelassen mit Witzen umgehen. Quecksilberbeize … ich muss jetzt noch lachen. Noch besser wären allerdings Hinkelsteine oder Faustkeile oder andere Relikte längst vergangener Tage gewesen. Am Allerbesten war aber die Bedienung des alten Klischees mit den vollklimatisierten Traktoren, auf denen reiche Weicheier sitzen, die nicht mal imstand sind, lächerliche zwölf Stunden bei Hitze und Staub auf einem alten Lanz zu verbringen. Es fehlt nur noch der Hinweis auf einen bettelarmen Journalisten, der seinen Weltfrust und Sozialneid in einem zugigen Kellerloch auf eine alte klapprige Schreibmaschine hämmert … Sonst wäre Ihrem Text ein Platz unter den Größten der Weltliteratur sicher gewesen. JOCHEN BÖHRER, Leutenbach